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Europapolitik

Blaue Ballons mit dem Logo der Europäischen Flagge.

Europapolitische Strategie der Thüringer Landesregierung

Über die Europaministerkonferenz und die Ministerpräsidentenkonferenz stimmt sich Thüringen außerdem mit den anderen deutschen Ländern in bedeutsamen Europafragen ab. Wichtige Themen von grundsätzlicher Bedeutung für Thüringen sind zum Beispiel die Rolle der Regionen und Gebietskörperschaften in der EU, die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion, Freihandelsabkommen der EU mit Drittstaaten und die Erweiterung der Europäischen Union.

Europapolitische Schwerpunkte und Ziele der Thüringer Landesregierung

  • Innerhalb der EU-Mitgliedstaaten sind die Regionen zunehmend als europapolitische Akteure einbezogen und aktiv. Sie interagieren nicht nur mit ihrer eigenen, nationalen Regierung, sondern auch direkt mit der Europäischen Union und – über nationale Grenzen hinweg – mit anderen europäischen Regionen und Mitgliedstaaten.

    Das bedeutsamste Organ für die Mitwirkung der deutschen Länder in EU-Angelegenheiten ist der Bundesrat. Dort bringt der Freistaat Thüringen seine europapolitischen Positionen anhand geplanter legislativer und prälegislativer Akte ein. Eine besondere Bedeutung kommt auch der Konferenz der Europaministerinnen und Europaminister der Länder zu, deren Vorsitz Thüringen ab Juli 2024 für ein Jahr innehaben wird. Weiterhin können die von Thüringen ernannten Mitglieder im Europäischen Ausschuss der Regionen Einfluss auf europäischer Ebene nehmen.

    Ein wichtiger Impulsgeber für die Thüringer Europapolitik ist der Thüringer Landtag, dessen Ausschuss für Europa, Kultur und Medien durch die Landesregierung auf der Grundlage von Artikel 67 Absatz 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen fortlaufend und umfassend unterrichtet wird. Näher ausgestaltet und in der Praxis erfolgreich gelebt wird diese Kooperation durch eine im Jahr 2019 überarbeitete Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union, welche als Grundlage beibehalten und nicht durch eine gesetzliche Regelung ersetzt werden sollte. Die Vereinbarung sieht unter anderem alle zwei Jahre einen Bericht der Landesregierung über ihre europapolitischen Schwerpunkte vor. Mit den in diesem Papier vorgestellten Schwerpunkten kommt die Landesregierung dieser Berichtspflicht für die verbleibende Laufzeit der 7. Legislaturperiode nach.

    Zwei zentrale Akteure für die konkrete Umsetzung der europapolitischen Schwerpunkte und Ziele der Landesregierung sind das Europäische Informationszentrum (EIZ) und die Landesvertretung des Freistaats bei der EU. Beide sind Teil der Thüringer Staatskanzlei.

    Aufgabe des EIZ ist es, die Vermittlung zwischen der europäischen Ebene und den Menschen in Thüringen anzustoßen, zu moderieren und zu fördern. Das EIZ gehört dem europaweiten Informationsnetzwerk der Europäischen Kommission EUROPE DIRECT an und arbeitet als solches direkt mit der Kommission zusammen. Im EIZ werden beispielsweise Schwerpunkte des Arbeitsprogramms der Kommission in Veranstaltungen erläutert und diskutiert, wobei besonders der Austausch mit anderen Mitgliedstaaten gepflegt wird, um verschiedene Sichtweisen auf gemeinsame Herausforderungen aufzuzeigen. Es werden Veranstaltungen an Universitäten und Schulen durchgeführt, Besuchergruppen eingeladen und mit einem Netzwerk der interessierten Öffentlichkeit Informationen über die gesamte Breite der Europäischen Union zur Verfügung gestellt. Mit dieser Informationspolitik trägt das EIZ dazu bei, dass die Europäische Union in Politik und Gesellschaft in Thüringen präsent ist.

    Die Landesvertretung des Freistaats bei der EU in Brüssel versteht sich als „Türöffnerin“ und Bindeglied zu den Europäischen Institutionen und Akteuren. Als Plattform für EU-Know-How analysiert sie EU-Themen und bereitet diese zielgruppenspezifisch auf. Durch ihre umfassenden Netzwerke sowohl zu EU-Institutionen als auch zu weiteren relevanten Akteuren in Brüssel bietet sie Thüringer Stakeholdern Lotsendienste an, um sich bei den EU-Institutionen Gehör zu verschaffen und deren Interessen zu vertreten. Zur Unterstützung europäischer Kooperationen ist sie in Thüringer Netzwerke und Projektteams eingebunden und unterstützt diese beim Einstieg in europäische Projekte.

    In Brüssel präsentiert die Landesvertretung Thüringer Kompetenzen und kulturelle Highlights. In Zukunft wird es darum gehen, den Fokus noch stärker auf die nachhaltige Gestaltung eines sozialen und ökologischen Europas unter Berücksichtigung des technologischen Wandels zu richten. Gerade in einem Flächenland wie Thüringen muss es darum gehen, dass die Bürgerinnen und Bürger die Europäische Union als Brückenbauerin für alle Menschen, unabhängig von Alter, Wohnort oder Bildungsgrad wahrnehmen und akzeptieren. Diese Ziele prägen die nachfolgend vorgestellten europapolitischen Schwerpunkte und Ziele der Thüringer Landesregierung.

  • Die jüngsten Krisen haben gezeigt, dass effektive Sozialpolitik und wirksame soziale Sicherungssysteme einen wesentlichen Faktor für politische und wirtschaftliche Stabilität darstellen. Die Konferenz zur Zukunft Europas hat den Wunsch zahlreicher Bürgerinnen und Bürger deutlich gemacht, Lebensbedingungen und Lebensqualität in der Union zu verbessern und zu harmonisieren, sozioökonomische Ungleichheiten zu verringern sowie soziale Ausgrenzung und Armut zu bekämpfen. Das Ziel des sozialen Fortschritts und der Verbesserung und Angleichung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ist in den europäischen Verträgen bereits verankert. Bislang beschränkt sich die europäische Sozialpolitik jedoch aus Kompetenzgründen auf die sozialpolitische Ausgestaltung der marktbezogenen Freiheitsrechte. Die Thüringer Landesregierung will die strukturelle Benachteiligung sozialer gegenüber wirtschaftlichen Belangen auf europäischer Ebene beenden, den sozialen Grundrechten juristisch und faktisch denselben Stellenwert verschaffen wie den wirtschaftlichen Grundfreiheiten und damit den Weg zu einer Sozialunion beschreiten.

    Sie setzt sich dafür ein, dass deutlicher sozialer Fortschritt allen Bürgerinnen und Bürgern der EU zugutekommt, gerade auch den sozial Schwächsten, die nicht als potenzielle Arbeitskräfte im Binnenmarkt zur Verfügung stehen. Die Belange dieser schutzbedürftigen Personengruppen sind in die Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation der Union in allen Bereichen und auf allen Ebenen durchgängig einzubeziehen. Der Union sollten dafür erweiterte Gestaltungskompetenzen insbesondere im Bereich der sozialen Sicherung eingeräumt werden, damit alle Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich in gleichem Maße von sozialen Rechten profitieren können und Gleichbehandlung im Sinne einer Mindestsicherung in zentralen sozialen Belangen erfahren. Zur Verwirklichung einer Union der Gleichheit bedarf es zudem eines gendersensiblen Blicks, der auch in die Sozialpolitik mit einfließen muss. Besonders Frauen sind von geringeren Einkommen, Pflegebelastungen und Altersarmut betroffen und zu selten auf Führungspositionen in zentrale Entscheidungsprozesse eingebunden.

    Die Landesregierung verfolgt daher über ihre Mitwirkungsmöglichkeiten zum Beispiel im Bundesrat oder im Europäischen Ausschuss der Regionen in der europäischen Sozialpolitik folgende Schwerpunkte und Ziele:

    • Die europäische Säule sozialer Rechte sollte perspektivisch in die europäischen Verträge integriert werden. Dadurch erhalten Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, faire Arbeitsbedingungen sowie Sozialschutz und soziale Inklusion denselben Stellenwert wie die wirtschaftlichen Grundfreiheiten. Als möglicher integrationspolitischer Zwischenschritt sollte die europäische Säule sozialer Rechte in Form eines Sozialprotokolls dem Primärrecht gleichgestellt werden.
    • Als ersten Schritt zur verstärkten gemeinsamen Wahrnehmung sozialer Rechte in der Union und für sozialen Fortschritt setzt sich die Landesregierung für eine Verständigung der Mitgliedstaaten auf gemeinsame Mindeststandards und Ziele für die Umsetzung der Säule sozialer Rechte und des Kernziels für 2030 zur Armutsbekämpfung ein. Diese sollten als Richtwerte definiert werden, an denen sich die Mitgliedstaaten ihren institutionell und sozioökonomisch unterschiedlichen Ausgangsbedingungen entsprechend orientieren und die im Rahmen des europäischen Semesters als Benchmarks dienen. Dabei dürfen europäische Mindeststandards keinesfalls zu Standardabsenkungen auf nationaler Ebene führen.
    • Wirtschaftspolitische und sozialpolitische Koordinierung sollten im Rahmen des europäischen Semesters denselben Stellenwert haben. Wirtschaftspolitische Empfehlungen sollten mit einer sozialen Folgenabschätzung versehen werden. Im Konfliktfall sind budget- und wettbewerbspolitische Ziele mit sozialen Zielen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.
    • Die Landesregierung unterstützt die Bestrebungen für ein soziales Ungleichgewichtsverfahren im Rahmen des europäischen Semesters, um soziale Missstände frühzeitig zu identifizieren und diesen entgegenzusteuern: So werden bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte zu sozialen Zielgrößen gezielte Maßnahmen und sozialpolitische Reformen empfohlen und die Mitgliedstaaten bei deren Umsetzung unterstützt.
    • Die Landesregierung setzt sich auch mit Blick auf die anstehenden Transformationsprozesse für einen verbindlichen europäischen Rahmen für wirksame, adäquate und für alle zugängliche Mindestsicherungssysteme ein. Dieser sollte die Mitgliedstaaten zu angemessenen Leistungen in zentralen sozialen Belangen, wie Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung, Arbeitslosenversicherung, Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege und Rentenleistungen verpflichten. Eine erschwingliche Grundversorgung mit Wohnraum, Wasser, Energie und Mobilität muss für alle gewährleistet sein.
    • In den Bereichen Sozialpolitik und Antidiskriminierung wird eine effizientere Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene und die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip befürwortet. Die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit ermöglicht pragmatische Ergebnisse, die den Interessen der Union in ihrer Gesamtheit Rechnung tragen. Dabei sollte gleichzeitig der Übergang vom besonderen zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erfolgen, um durch Stärkung des Europäischen Parlaments als Co-Gesetzgeber dem Demokratiedefizit auf europäischer Ebene entgegenzuwirken.
    • Es bedarf eines europäischen Rahmens für existenzsichernde und angemessene Mindestlöhne, für gute Arbeitsbedingungen, für stärkere, verpflichtende europäische Mitbestimmungsstandards, für die Förderung von Tarifverhandlungen sowie eine Ausweitung der Tarifbindung. Angemessene Mindestlöhne in allen Mitgliedstaaten tragen zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles ebenso bei wie zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt, zu fairer Mobilität sowie zur Verhinderung grenzüberschreitenden Lohndumpings und ungewollter Arbeitsmigration aus Gründen der Existenzsicherung.
    • Das temporäre SURE-Instrument zur Unterstützung von Kurzarbeitsprogrammen in den Mitgliedstaaten sollte zu einer dauerhaften europäischen Arbeitslosenrückversicherung ausgebaut werden, an der sich alle Mitgliedstaaten beteiligen können und die in großen Wirtschaftskrisen in Form von rückzahlbaren Krediten aktiviert würde. Voraussetzung dafür sind gemeinsame Mindeststandards hinsichtlich Mindestversicherungszeiten, einer angemessenen Nettoersatzrate, Bezugsdauer und Mindestabdeckungsquote sowie ein Anspruch auf Hilfe bei der Arbeitsvermittlung sowie aktive Arbeitsmarktmaßnahmen.
    • Mit einem Europäischen Sozialversicherungsausweis sollte die grenzüberschreitende Übertragbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen unterstützt und eine faire, transparente und bürokratiearme Arbeitskräftemobilität in der Union gefördert werden. Der Aufbau eines europäischen Sozialversicherungsregisters sollte Abfragen zum aktuellen Sozialversicherungsstatus der Beschäftigten in Echtzeit ermöglichen und zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen und Sozialdumping beitragen.
    • Die Landesregierung setzt sich ein für faire und angemessene Arbeitsbedingungen für alle Plattformarbeitenden. Transparenz und Rechenschaftspflicht beim algorithmischen Management, eine wirksame menschliche Kontrolle der automatisierten Verfahren, angemessener Zugang zu sozialem Schutz sowie Fragen der Arbeitszeit und Arbeitsplatzsicherheit stehen dabei im Vordergrund. Kernpunkt ist nach wie vor die zutreffende Einordnung des Beschäftigungsstatus.
    • Die Einführung eines europäischen Behindertenausweises wird unterstützt; gemeinsames Anliegen muss die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus und damit verbundener Vergünstigungen sein. Für die Entwicklung inklusiver Gemeinwesen ist der Fokus künftig verstärkt auf den Abbau von Teilhabebeschränkungen und Barrieren sowie die Aktivierung von Ressourcen zu legen. Die aktive und informierte Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an allen sie betreffenden Entscheidungen ist durch den nachhaltigen Aufbau partizipativer Verfahren und Strukturen zu unterstützen.
    • Eine umfassende Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt hat oberste Priorität. Die Landesregierung unterstützt daher die Initiative der Europäischen Kommission, durch unionsrechtliche Vorgaben Fortschritte bei der Prävention und ein gemeinsames Verständnis über notwendige Mindeststandards unter anderem im Hinblick auf vorzuhaltende Hilfestrukturen für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder zu erzielen. Bei der Beauftragten für die Gleichstellung von Frau und Mann wurde eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die federführend einen Aktionsplan zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention) entwickelt.
    • Erforderlich sind Maßnahmen zur verbesserten Lohntransparenz, um stärker für geschlechtsspezifische Diskriminierung zu sensibilisieren. Damit wird auch ein Beitrag geleistet zur Verwirklichung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ sowie zur Verringerung des Gender Pay- sowie des Gender Pension-Gap und damit zur Verringerung der Altersarmut von Frauen. Die Landesregierung unterstützt Initiativen und Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen, um die volle Teilhabe von Frauen an Entscheidungsprozessen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und damit Geschlechtergerechtigkeit und Diversität zu fördern.
    • Sie setzt sich auch für Maßnahmen ein, die geeignet sind, das Verständnis für die sozialen Auswirkungen des Klimawandels zu steigern und in diesem Kontext die Akzeptanz von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen europaweit in allen Bevölkerungsgruppen zu fördern.
    • Europäische Politik muss, um die Probleme sozialer Ungleichheit zu lösen, auch den Aspekt der Umweltgerechtigkeit einbeziehen. Umweltbelastungen dürfen sich nicht negativ auf die soziale Lage und das Wohlergehen der Menschen auswirken, vor allem nicht auf ihre Gesundheit. Handlungsstrategien sind zu entwickeln und umzusetzen, welche gesunde Umwelt- und Lebensverhältnisse für alle Menschen, insbesondere auch für sozial Benachteiligte, schaffen. Umweltgerechtigkeit als Zielvorgabe erfordert auf europäischer Ebene politikfeldübergreifende, integrierte Handlungsansätze unter Einbeziehung aller relevanten Akteure.
    • Die Werte der Union gebieten es, Menschenrechte in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten sowie menschenwürdige Arbeit weltweit zu fördern, einschließlich Null-Toleranz gegenüber Zwangsarbeit, Menschenhandel und anderen Menschenrechtsverletzungen. Die Landesregierung unterstützt deshalb ein Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit einschließlich Kinderzwangsarbeit. Gemäß den Zielen für nachhaltige Entwicklung ist bis 2025 jeder Form von Kinderarbeit weltweit ein Ende zu setzen.
    • Ein soziales Europa zeichnet sich durch unabhängige, plurale und allen zugängliche Medien aus. Die Vielfalt an differenzierten Regulierungen sowie Markt- und Aufsichtsstrukturen gilt es zu pflegen und zu fördern. Die Aufsicht über die Medien und ihre Verbreitung muss unabhängig, staatsfern und dezentral gestaltet sein. Die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien muss in allen Mitgliedstaaten sichergestellt sein.
  • Alle Bürgerinnen und Bürger in der EU haben ein – auch in der europäischen Säule sozialer Rechte verankertes – Anrecht auf hochwertige allgemeine und berufliche Bildung sowie auf lebenslanges Lernen. Hochwertige allgemeine und berufliche Bildung vermittelt den Menschen das Wissen und die Kompetenzen, die sie benötigen, um beruflich erfolgreich zu sein, das eigene Leben selbstbestimmt zu gestalten und Europas wirtschaftliche Krisentauglichkeit ebenso wie seinen sozialen Wohlstand zu sichern. Die Landesregierung unterstützt die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Rahmen der Kompetenzordnung, unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips und des Harmonisierungsverbots durch EU-Organe sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten der nationalen Bildungssysteme beziehungsweise des föderalen Systems in Deutschland.

    Die Europäische Kommission möchte bis 2025 einen europäischen Bildungsraum schaffen. Ziel ist es, dass Einrichtungen für allgemeine und berufliche Bildung in herausfordernden und aufregenden Zeiten diejenige Unterstützung erhalten, welche sie zur Erfüllung ihrer grundlegenden Aufgabe benötigen.

    Der „Europäische Sozialfonds 2021 bis 2027" (ESF Plus) ist Europas wichtigstes Förderinstrument für Beschäftigung und soziale Integration. In der Förderperiode 2021 bis 2027 stellt die EU dem Freistaat Thüringen 466 Millionen Euro zur Verfügung.

    Der Einsatz des ESF Plus in Thüringen wird sich in den kommenden Jahren unter anderem auf die Förderung des lebenslangen Lernens, die bessere Antizipation von Veränderungen und neuen Kompetenzanforderungen auf der Grundlage der Bedürfnisse des Arbeitsmarkts und die Erleichterung beruflicher Übergänge sowie die Förderung der beruflichen Mobilität konzentrieren.

    Mit dem europäischen Bildungsprogramm „Erasmus+“ soll durch lebenslanges Lernen die bildungsbezogene, berufliche und persönliche Entwicklung der Menschen in Europa und darüber hinaus unterstützt werden. Für Neulinge des Erasmus+-Programms sowie für kleinere Schulen hat die Landesregierung die Nutzung des Programms erleichtert, indem sich das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Jahr 2021 als Leiter eines Mobilitätskonsortiums akkreditieren ließ. Eine Partnerschaft im Konsortium ist für alle staatlichen allgemeinbildenden Schulen in Thüringen möglich.

    Thüringen leistet mit seinen Strukturen, Erfahrungen und Bildungserfolgen einen wichtigen Beitrag zur Vollendung des Europäischen Bildungsraumes bis 2025. Die Landesregierung verfolgt das Ziel, lebenslanges Lernen Wirklichkeit werden zu lassen und handelt hierbei nach den folgenden Überzeugungen:

    • Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege haben im Rahmen der Frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung einen familienergänzenden Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag und ermöglichen Kindern Erfahrungen über den Familienrahmen hinaus. Grundlage für diese Arbeit ist der Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre.

    Gleichzeitig unterstützt das Thüringer Angebot zur Frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

    • Mit einem ausdifferenzierten, bedarfsgerechten allgemeinbildenden Schulsystem trägt das Land dafür Sorge, dass alle Schülerinnen und Schüler mit ihren Stärken und Schwächen individuell gefördert werden. Neben der Vermittlung von Wissen und Kenntnissen bereitet die Schule auf das Berufsleben vor, befähigt zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zur Mitgestaltung der demokratischen Gesellschaft in Deutschland und Europa. Dabei arbeitet das Land an der Entkopplung von Bildungserfolg von sozialer Herkunft bzw. ethnischem und geografischem Hintergrund der Schülerinnen und Schüler. Thüringen setzt sich für ein inklusives Schulsystem ein.

    Thüringen nutzt die Mittel des europäischen Sozialfonds (ESF) in einer Schulförderrichtlinie mit dem Ziel, die Anzahl der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss, zu verringern sowie die Schülerinnen und Schüler bei der beruflichen Orientierung zu unterstützen.

    Die „Digitalstrategie Thüringer Schule“ ist ein wesentliches aktuelles Handlungsfeld, um Heranwachsenden Bildungschancen zu eröffnen. Dazu werden die infrastrukturellen Grundlagen geschaffen, die Lehrpläne angepasst, die Lehrkräfte fortgebildet und das Thüringer Schulportal als Bildungsplattform ausgebaut.

    Für das Land ist die Bildung für nachhaltige Entwicklung ein wesentlicher Bestandteil des Bildungskonzepts. Die UNESCO-Projektschulen und die Thüringer Nachhaltigkeitsschulen haben diesbezüglich eine Vorreiterrolle.

    • Thüringen ist fortgeschritten auf dem Weg zu einer wesentlichen Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung. Vielfältige Schulformen im beruflichen Schulsystem und eine ausdifferenzierte Ausbildungslandschaft mit qualifizierten Ausbilderinnen und Ausbildern tragen zur Fachkräftegewinnung wesentlich bei. Eine Stärke des Freistaats besteht dabei in einer gelingenden Kooperation des staatlichen Berufsschulwesens mit den Partnern der Wirtschaft, insbesondere mit den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern.

    Um die europäischen Werte zu stärken, interkulturelle Kompetenzen zu erwerben und Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen nutzt Thüringen die vielfältigen Möglichkeiten des erfolgreichen EU-Programms Erasmus+ für Bildung, Jugend und Sport auch im berufsbildenden Bereich sowie in der beruflichen und berufsbezogenen Weiterbildung.

    • Europäische und internationale Kooperationen im Bereich der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen ebenso wie im Hochschulbereich sind für Thüringen von besonderer Bedeutung. Schulpartnerschaften aller Schularten, Begegnungen von Schülerinnen und Schülern in Thüringen und an den Partnerschulen sowie Fortbildungen von Bildungspersonal in den europäischen Partnerländern werden gefördert. Die Landesregierung nutzt die Möglichkeiten von Erasmus+ und eTwinning.

    Die trinationale Zusammenarbeit mit den Partnerregionen in Polen und Frankreich bildet dabei den Schwerpunkt der Arbeit. Zudem gilt es, die Fortschreibung der Partnerschaftsvereinbarungen zur Förderung der europäischen Integration voranzutreiben.

    • Für die Entwicklung Thüringens spielen die Hochschulen eine zentrale Rolle. Sie sind ein entscheidender Faktor der Identität Thüringens als Wissenschafts-, Wirtschafts-, Sozial- und Kulturland und Motor der Internationalisierung. Indem Hochschulen neues Wissen generieren, hochqualifizierte Arbeitskräfte ausbilden, Zukunftstechnologien entwickeln sowie Unternehmensbildungen ermöglichen, prägen sie maßgeblich die Zukunft des Landes und von Europa. Die Hochschulen nutzen die Chancen der Internationalisierung von Forschung, Lehre, Wissenstransfer und Hochschulmanagement, um sich stärker mit ausländischen Partnern zu vernetzen und den wissenschaftlichen Austausch zu intensivieren.
    • Die Erwachsenenbildung in Thüringen dient als vierte Säule des Bildungssystems zugleich der Umsetzung lebenslangen Lernens, welches sich an den konkreten Bedürfnissen der Lernenden orientiert. Thüringen fördert daher die anerkannten Träger der Erwachsenenbildung (22 Volkshochschulen sowie 16 freie Träger). Die Landesregierung unterstützt das Ziel der EU, mindestens 60 % aller Erwachsenen jedes Jahr an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen zu lassen.
    • Kulturelle Bildung ist ein lebenslanger Lernprozess, der einerseits Voraussetzung für Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit ist, andererseits Ziel von gesellschaftlicher Partizipation und Integration. In Thüringen haben die zahlreichen Kultureinrichtungen und -institutionen den Auftrag und die Verantwortung, Angebote und Möglichkeiten zur kulturellen Bildung zu entwickeln und anzubieten. Dabei sollen unabhängig von Herkunft, Wohnort und sozialem Status möglichst viele Menschen Chancen zur kulturellen Bildung und damit zur Teilhabe haben. Mit einer dichten Projektförderung für kulturelle Vorhaben – besonders in ländlichen Räumen – unterstützt Thüringen diese Querschnittsaufgabe. Durch die aktive Mitwirkung an der Überarbeitung der „Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur kulturellen Kinder- und Jugendbildung“ trägt Thüringen diesem Aspekt des lebenslangen Lernens Rechnung.
    • Medienkompetenzentwicklung, welche die altersgerechte pädagogische Vermittlung von Kenntnissen sowie die Herausbildung von Fähigkeiten und Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit klassischen wie neuen Medien beinhaltet, stellt einen wesentlichen Bestandteil des Lernens in allen Bereichen der Bildung dar. Neben der Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen, Familien sowie den Pädagoginnen und Pädagogen wird der Bedarf an generationenübergreifenden Bildungsmaßnahmen und die Notwendigkeit der medienpädagogischen Heranführung von Seniorinnen und Senioren an digitale Medien erkannt und entsprechende Angebote werden unterstützt.
  • Der demografische Wandel prägt wie der globale Klimawandel, die Digitalisierung, der gesellschaftliche Wertewandel und die Gefahr einer zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung in besonderer Weise die Zukunftsperspektiven Europas. Er ist eine übergreifende gesellschaftspolitische Herausforderung mit Auswirkungen auf nahezu alle Politikbereiche der EU wie Thüringens.

    Wanderungsbewegungen, Bevölkerungsrückgang, ein wachsender Anteil älterer Menschen, eine Veränderung und Pluralisierung der Lebensstile – vielfältig sind die Merkmale, die Demografiepolitik im Auge haben muss. Zur zeitlichen Dimension gesellt sich der räumliche Aspekt: Viele Regionen Europas verzeichnen stark gegenläufige Entwicklungen auf sehr engem Raum. Dies trifft auch im besonderen Maße auf Thüringen zu. Gesellschaften sind nie statisch, Veränderungsprozesse wohnen jeder Entwicklung inne. Mittel- bis langfristig ist diese Entwicklung in Thüringen jedoch vom Bevölkerungsrückgang geprägt.

    Dass demografisch bedingte Veränderungen zu einem großen Teil langfristiger Natur sind, macht sie gleichzeitig strategischen Überlegungen auf Landes- wie auf europäischer Ebene zugänglich. Darin liegt eine Gestaltungschance, insbesondere wenn es gelingt, demografiestrategische Überlegungen von operativ-taktischen Maßnahmen des politischen Tagesgeschäfts losgelöst und in generationenübergreifender Verantwortung zu entwickeln.

    Für konkrete Maßnahmen und Entscheidungen, etwa im investiven Bereich und bei der Ausgestaltung technischer und sozialer Infrastrukturen, bedeutet dies jedoch, dass sie bei vorausschauender Herangehensweise nicht immer vollumfänglich Ist-Zustände adäquat bedienen und abbilden können: Demografiepolitisch angemessene und nachhaltige Entscheidungen können kurzfristig schmerzhaft sein. Einen Automatismus für Rück- beziehungsweise Abbau oder Schrumpfung bedeutet das keinesfalls.

    Es heißt, die Chancen im Wandel zu ergreifen, Gestaltungsmöglichkeiten zu suchen und zu entwickeln sowie konstruktive und lösungsorientierte Beiträge zu leisten. Die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse sowie die Sicherung der Daseinsvorsorge in sämtlichen Landesteilen sind dabei Anspruch und Ziel gleichermaßen. Die Bevölkerungsentwicklung ist nur bedingt beeinflussbar, aber der Umgang mit ihr ist gestaltbar. Sie verstärkt den Wettbewerb der Regionen um verfügbare Potenziale. Die Bereitschaft, Veränderungen als Chance zu begreifen, wird in Zukunft noch wichtiger.

    Die Landesregierung begrüßt daher, dass die Europäische Kommission der Demografie ebenfalls hohe politische Priorität einräumt und die wichtigsten Fakten zum demografischen Wandel und seinen voraussichtlichen Auswirkungen bereits zusammengetragen und geteilt hat. Die eingeleitete Debatte über das Altern und der hierbei verfolgte Lebensverlaufsansatz berücksichtigen die universellen Auswirkungen des Alterns und setzen gezielt an den individuellen und gesellschaftlichen Folgen des Alterns an. Dies sind beispielsweise lebenslanges Lernen, gesunde Lebensführung, die Finanzierung angemessener Renten sowie die Notwendigkeit einer ausreichenden Zahl von Arbeitskräften, um die Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege älterer Menschen aufrechtzuerhalten. Die Landesregierung erhofft sich aus den europäischen Initiativen zur Langzeitpflege und zum Zugang zur Gesundheitsversorgung neue Instrumente und Ansätze, die auch im Freistaat zum Tragen kommen können. Sie geht davon aus, dass auch der Erste EU-Bericht über den Zugang zu essentiellen Dienstleistungen Aspekte der Demografie umfassend berücksichtigen wird. Auch weiterhin sollten Initiativen auf europäischer Ebene die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die Herausforderungen in neue Chancen zu verwandeln und langfristig ein inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sowie inklusive und tragfähige Sozialschutzsysteme zu gewährleisten. Die Landesregierung setzt sich außerdem dafür ein, dass alle EU-Initiativen von umfassenden demografischen und territorialen Folgenabschätzungen begleitet werden, mit dem ausdrücklichen Ziel, zum sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union beizutragen.

    Im europaweiten Wettbewerb der Regionen um Fachkräfte ist der Freistaat noch stärker als bisher gefordert, konkurrenzfähige Rahmenbedingungen zu schaffen. Die aktuelle „Fachkräftestrategie für Thüringen 2021 – 2025“ im Rahmen der Thüringer Allianz für Berufsbildung und Fachkräfteentwicklung enthält bereits Handlungsansätze, um gezielt Fachkräfte und Auszubildende durch verstärkte Anwerbung im Ausland zu gewinnen, die von den Partnern in Form konkreter Maßnahmen und Initiativen umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund muss sich der Freistaat Thüringen insbesondere in den ländlichen Regionen noch stärker als bisher als vielfältiges und weltoffenes Land präsentieren.

    Eine entsprechende Willkommenskultur in Thüringen soll die Vielfalt als Vorteil und Chance begreifen lassen. Auf dem Boden dieser Grundausrichtung muss sich Thüringen konsequenter als Zuwanderungsland aufstellen. Gleichzeitig müssen für alle Bürgerinnen und Bürger attraktive Bedingungen geschaffen werden, um insbesondere im ländlichen Raum Abwanderung zu vermeiden.

    In Thüringen sind vor allem industrielle Aktivitäten vergleichsweise breit im Raum verteilt. Schwerpunkte liegen gerade auch in Regionen, die besonders stark vom Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials betroffen sein werden. Es liegt daher eine besondere Herausforderung darin, in diesen Regionen auch zukünftig Rahmenbedingungen zu gewährleisten, die eine Weiterentwicklung der vorhandenen leistungsfähigen Strukturen fördern. Ebenso gilt es gerade auch im ländlichen Raum, Chancen durch die Stärkung neuer Wirtschaftszweige zu nutzen, etwa durch die Ansiedlung von Unternehmen der „Green Economy“, die sich durch besonders nachhaltige, umwelt- und sozialverträgliche Ansätze auszeichnet, oder die Schaffung von Kompetenzclustern im Bereich „Smarte Dienstleistungen“. Diese Formen von Dienstleistungen können ortsungebunden erbracht werden und bergen damit großes Potenzial für peripher gelegene Orte und Regionen. Voraussetzung hierfür ist eine flächendeckende Verfügbarkeit von schnellem Internet. Eine gute Breitbandversorgung, die die Entwicklung solcher Wirtschaftszweige ermöglicht, stärkt die Attraktivität des ländlichen Raumes auch für junge Menschen. Dörfer, auch ganze Regionen können bei einem Strukturwandel unterstützt werden, wenn digitales, ortsungebundenes Arbeiten und Leben in ihnen zu realisieren ist. Gleichzeitig erfüllen gerade die ländlichen Räume traditionsreiche, strukturell unverzichtbare Funktionen und sind Heimat für einen großen Teil der Menschen in Thüringen.

    Bevölkerungsrückgang darf nicht zu einem Rückzug der Daseinsvorsorge aus der Fläche führen, sondern muss vielmehr als Ausgangspunkt für einen Ausbau der Daseinsvorsorge in dünner besiedelten Räumen verstanden werden. Andere Nationen in Europa, wie zum Beispiel die skandinavischen Länder, können hier als Vorbild dienen. Gleichzeitig gilt es die Sichtbarkeit des Staates bei der Bereitstellung von Daseinsvorsorgeinfrastrukturen zu erhöhen.

    Eine Grundvoraussetzung zur Ermöglichung individueller Lebensentscheidungen und damit zum Erhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse in Thüringen ist unter anderem die Sicherung der notwendigen Verkehrsinfrastrukturen sowohl für die individuelle als auch für die öffentlich organisierte Mobilität. Mobilität im demografischen Wandel benötigt in verstärktem Maße altersgerechte Angebote hinsichtlich Transparenz und Bedienbarkeit. Barrierefreiheit ist als Grundanliegen und Querschnittsziel durchgehend zu berücksichtigen. Überdies muss Mobilität im demografischen Wandel mehr denn je Anforderungen an Nachhaltigkeit und Klimaschutz gerecht werden, gleichermaßen aber auch für die Verkehrsteilnehmenden bezahlbar, erreichbar und im Verbindungsintervall attraktiv bleiben.

    Die Sicherung vitaler Kommunen im demografischen Wandel hat städtebau- und wohnungspolitisch oberste Priorität. Erst wenn die Menschen gut und sicher wohnen, können weitere gesellschaftlich wichtige Themenstellungen wie Teilhabe, Kultur oder bürgerschaftliches Engagement zur Entfaltung gebracht werden. Die Wohnfrage im ländlichen Raum wird bislang insbesondere durch den Zugang zu Infrastrukturen reguliert, weniger durch den Preis.

    Infrastrukturen der Daseinsvorsorge räumlich zu bündeln und zu konzentrieren, erhöht ihre Nutzungsfrequenz und stärkt Siedlungsstrukturen nachhaltig. Ihre Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann so effizienter gestaltet werden, muss aber gleichzeitig eine optimierte Erreichbarkeit aus der Fläche gewährleisten. Dann bietet eine Konzentration den Vorteil kurzer Wege vor Ort und erleichtert den Alltag einer älteren, häufig weniger mobilen Bevölkerung. Die Instrumente der EU von Bund und Land müssen regionalspezifisch eingesetzt und gegebenenfalls angepasst werden. Gerade in ländlichen Räumen muss auch bezahlbarer Wohnraum für eine älter werdende Bevölkerung geschaffen werden.

    Die Bund-Länder-Programme der Städtebauförderung mit dreiteiliger Programmstruktur (lebendige Zentren, sozialer Zusammenhalt sowie Wachstum und nachhaltige Erneuerung) unterstützen Städte und Gemeinden maßgeblich dabei, auf sich veränderte städtebauliche Herausforderungen nachhaltig zu reagieren.

  • Die Initiative „Neues Europäisches Bauhaus" (NEB) wurde 2020 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen, um im Sinne des historischen Bauhauses, das 1919 in Weimar gegründet wurde, den derzeitigen gesellschaftlichen Herausforderungen mit einem interdisziplinären Ansatz zu begegnen. Die Ziele des European Green Deal werden dabei um eine ästhetische Komponente erweitert. Es geht darum, mit innovativen Ansätzen die Klimaneutralität Europas bis zum Jahr 2050 zu erreichen und ein Umschalten auf Nachhaltigkeit im Immobiliensektor einzuleiten. Kultur und Technologie sollen miteinander verbunden werden, wobei auch Aspekte wie Inklusivität und Nachhaltigkeit adressiert sind.

    „Ich möchte, dass NextGenerationEU eine europäische Renovierungswelle auslöst und unsere Union zu einem Spitzenreiter in der Kreislaufwirtschaft macht. Aber dies ist nicht nur ein Umwelt- oder Wirtschaftsprojekt, sondern muss auch ein neues Kulturprojekt für Europa werden. [...] Deshalb werden wir ein neues europäisches Bauhaus errichten — einen Raum, in dem Architekten, Künstler, Studenten, Ingenieure und Designer gemeinsam und kreativ an diesem Ziel arbeiten.“

    Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission

    EU-seitig wurde das NEB einerseits durch die Etablierung eines sogenannten „High-Ievel roundtables“ begleitet, dessen Mitglieder als Community-Botschafter fungieren sollen. Außerdem hat die EU Bauhaus-Preise für besonders innovative Projekte im Sinne des NEB vergeben. Im Juni 2022 fand erstmal ein neu konzipiertes Festival des NEB in Brüssel statt. Es wurde von verschiedenen Veranstaltungen, unter anderem einem Ideenlabor in Weimar, begleitet. Die Etablierung eines NEB-Labors als „Think-and-do-tank“ sowie die Förderung von fünf Leuchtturmprojekten als „Gründungsbauhäuser“ sind weitere Instrumente zur Begleitung des Prozesses.

    Gerade weil die Initiative NEB insbesondere aufgrund ihres historischen Bezugs ­– ein Jahr nach dem 100-jährigen Jubiläum des Weimarer Bauhauses – zunächst elektrisierte, erwartet die Landesregierung von der Kommission nachhaltigere Anstrengungen, die Initiative konkret auszugestalten. Denn bislang wurde im Jahr 2021 lediglich eine Design-Phase durchgeführt, in der im Wege eines partizipativen Prozesses zunächst durch die interessierten Beteiligten definiert werden sollte, was das NEB ist. Auch Thüringen, als Gründungsland des Bauhauses, beteiligte sich an diesem Prozess, indem eine Koordinierungsrunde gegründet wurde, in der sich Vertreter des Freistaats, der Klassik Stiftung Weimar, der Internationalen Bauausstellung Thüringen GmbH sowie der Bauhaus Universität Weimar zusammenfanden.

    Daraufhin reichte die Bauhaus Universität Weimar 2022 einen Antrag bei der Kommission ein, eines der fünf auszuwählenden Leuchtturmprojekte des NEB zu werden. Kernbestandteil des Antrags unter dem Titel „Bauhaus Commons: Towards a Social Sustainable Transformation" war vor allem die Bildung eines Netzwerks Thüringer Akteure zur Förderung des interdisziplinären Austauschs und kollaborativer Prozesse. Diese Vernetzung sollte anhand von Demonstratoren-Projekten in die Praxis überführt werden: Dem klimaneutralen und inklusiven Universitätscampus Weimar, einem nachhaltigen Textilzentrum Apolda sowie der Zukunftswerkstatt Schwarzatal.

    Auch wenn die Bewerbung der Bauhaus-Universität Weimar nicht erfolgreich war, werden die Universität und die Landesregierung weiterhin die durch das NEB angestoßenen Projekte verfolgen. Insbesondere aufgrund des interdisziplinären, institutionenübergreifenden Charakters des NEB eignet sich die Bauhaus-Universität Weimar ganz besonders, ein entsprechendes Netzwerk aufzubauen, um innovative Einzelprojekte voranzutreiben. Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft wird diese künftigen Projekte im Rahmen seiner Zuständigkeit und Möglichkeiten begleiten.

    Thüringen setzt sich dafür ein, das NEB zu einem für Europa erfolgreichen Projekt werden zu lassen. Hierzu ist es notwendig, wesentliche Ziele und Inhalte des NEB klarer zu definieren. Zudem bedarf es einer eigenen Förderlinie, da das NEB bisher ein Konglomerat verschiedenster Teilbudgets ist, die in bestehenden EU-Förderprogrammen für NEB-Projekte reserviert wurden. Dafür tritt die Landesregierung ein, um die wegweisende Initiative NEB mit Leben zu füllen.  

  • Die Thüringer Landesregierung unterstützt die langfristige Vision der EU für stärkere, vernetzte, resiliente und florierende ländliche Gebiete. Die Herausforderungen und Probleme, vor denen viele ländliche Gebiete in der EU stehen (unter anderem Verstädterung, Abwanderung von Fachkräften, demografischer Wandel, Klimawandel), gelten im gleichen Maße für den ländlichen Raum Thüringens. Im Mittelpunkt der Bemühungen der Landesregierung zur Unterstützung des ländlichen Raums stehen die vielversprechenden Chancen, die sich ihm bieten. Die Bedeutung des ländlichen Raums für die EU soll dabei stärker in den Fokus rücken und eine stärkere materielle Unterstützung erfahren.

    Der ländliche Raum hat eine aktive Rolle beim ökologischen und digitalen Wandel in der EU und auch in Thüringen inne. Zu diesem Wandel sind die Eindämmung des Klimawandels, die nachhaltige Erzeugung von Lebensmitteln sowie die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu zählen, die eine zentrale Bedeutung bei der Verwirklichung der Ziele des Grünen Deals, der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie der EU einnehmen. Zudem ist die Eindämmung von Auswirkungen des demografischen Wandels und der zunehmenden Urbanisierung von zentraler Bedeutung.

    Die Landesregierung setzt sich für die Stärkung des Pakts für den ländlichen Raum ein, der die Akteure auf EU-, nationaler, regionaler und lokaler Ebene zur Erreichung der kollektiven Ziele der langfristigen Vision zusammenführt. Entsprechende Ansätze zur Teilhabe und Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern, Zivilgesellschaft und Wirtschaft auf der Landesebene werden weiter verstetigt sowie das Engagement zur Gestaltung lebendiger Orte beziehungsweise zur Erhaltung und Weiterentwicklung des örtlichen Gemeinwesens unterstützt. Wesentliches Element des Pakts für den ländlichen Raum ist dabei der EU-Aktionsplan, der durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und die Kohäsionspolitik, sowie von weiteren EU-Politikfeldern getragen wird. Die Landesregierung wird sich für die Umsetzung des EU-Aktionsplans in den vier Aktionsbereichen einsetzen, die durch Leitinitiativen unterstützt werden. Insbesondere der Stärkung der ländlichen Gemeinschaften, der Verbesserung des Zugangs zu Dienstleistungen, der Verbesserung von erschwinglichen Mobilitätslösungen und -verbindungen sowie der Förderung der sozialen Innovation ist dabei eine hohe Bedeutung beizumessen.

    So steht etwa die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen durch die sich abzeichnenden demografischen Veränderungen vor der Herausforderung, dass Krankenhäuser, Arztpraxen und andere Gesundheitseinrichtungen auch künftig wirtschaftlich auskömmlich arbeiten und so die wohnortnahe umfassende Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger gewährleisten können. Entsprechendes gilt für die Sicherung eines angemessenen und kultursensiblen Gesundheitsförderungsangebots. Professionelle Bedarfsplanung und innovative Versorgungskonzepte leisten hierzu ihren Beitrag. Telemedizin und eHealth-Angebote können eine bedeutsame Rolle einnehmen, indem sie den Rückgang klassischer Infrastruktur kompensieren und digitale Technologien für Maßnahmen der Gesundheitsversorgung und -förderung nutzen. Durch die Etablierung des E-Rezeptes werden gerade Erleichterungen geschaffen, ärztliche Verordnungen - auch nach telemedizinischer Konsultation - beliefern zu können.

    Die Landesregierung unterstützt die Einführung neuer Technologien in ländlichen Gebieten zur Umsetzung der Digitalen Dekade. Die Umsetzung der Ambitionen der EU im Bereich Digitales für 2030 eröffnet insbesondere Chancen für die nachhaltige Entwicklung ländlicher Gebiete über die traditionell hier ansässige Land- und Forstwirtschaft hinaus. So können das verarbeitende Gewerbe und insbesondere die Dienstleistungen zu einer neuen Entwicklungsperspektive beitragen.

    Das von der EU zur Komplettierung des EU-Aktionsplans vorgesehene Verfahren zum „Rural proofing“, bei dem legislative Vorhaben mit dem Ziel des Schutzes der nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums auf ihre Auswirkungen auf ländliche Gebiete überprüft werden sollen, wird von der Landesregierung begrüßt. Sie setzt sich dafür ein, dass die finanzielle Unterstützung des ländlichen Raums grundsätzlich weiter ausgebaut wird.

  • Die Thüringer Landesregierung setzt sich für eine europäische Klima-, Umwelt- und Naturschutzpolitik ein, die sich an den folgenden Leitlinien orientiert:

    • Thüringen unterstützt grundsätzlich die von der Europäischen Kommission formulierten Ziele des Green Deal und des Europäischen Klimagesetzes. Mit dem Paket „Fit for 55“ hat die Europäische Union zentrale Bausteine für eine sozial-ökologische Transformation hin zur Klimaneutralität vorgelegt. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine wurden diese Vorschläge Mitte Mai 2022 noch einmal durch das REPowerEU-Paket nachgeschärft.
    • Thüringen erachtet als zentrale Elemente des Green Deal:
      • die Reform des Europäischen Emissionshandels,
      • die Einführung eines separaten Emissionshandelssystems für den Verkehrs- und Gebäudesektor,
      • die Neufassung der Energiesteuerrichtlinie,
      • die Absenkung der Flottengrenzwerte für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge um 100 % ab 2035,
      • die Anhebung des Ziels beim Ausbau der erneuerbaren Energien,
      • die Transformation hin zu einer ressourceneffizienten und klimafreundlichen Wirtschaft,
      • die Einführung eines CO2-Grenzausgleichmechanismus,
      • den europäischen Klima-Sozialfonds,
      • die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden unter Berücksichtigung des baukulturell und städtebaulich schützenswerten Gebäudebestands,
      • das Null-Verschmutzungs-Paket und das Naturwiederherstellungs-Gesetz,
      • das Kreislaufwirtschaftspaket, insbesondere Regelungen zum Ökodesign sowie ein Recht auf Reparatur.
    • Im Fokus des REPowerEU-Pakets stehen der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz sowie die Diversifizierung der Energieimporte in die EU. Thüringen unterstützt die Erhöhung des Ausbauziels für Erneuerbare auf 45 % bis 2030 sowie des Energieeffizienzziels auf 13 %. Jede nicht verbrauchte Einheit an Energie entlastet Unternehmen und Haushalte und bildet daher die Basis für den weiteren Transformationsprozess und unterstützt die Unabhängigkeit auch von russischen Energieimporten. Einsparungen sowie eine effizientere Nutzung von Ressourcen insgesamt tragen dazu bei, Energieverbräuche in den Wertschöpfungsketten zu reduzieren und so das angestrebte Ziel einer emissionsfreien Wirtschaft schneller zu erreichen. Positiv bewertet werden auch die Ziele der Solarstrategie sowie die Pläne zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien.
    • Entscheidend für die Akzeptanz der Maßnahmen seitens der Mitgliedstaaten in den Verhandlungen sowie seitens der Bürgerinnen und Bürgern ist deren sozialverträgliche Ausgestaltung. Deshalb misst Thüringen dem von der Kommission vorgeschlagenen Klima-Sozialfonds eine hohe Bedeutung bei. Nationale Kofinanzierungsanteile, insbesondere zu sozialen Transferleistungen, müssen dabei nach Auffassung Thüringens vom Bund geleistet werden.
    • Thüringen wirkt mit an der Neufassung der Energiesteuerrichtlinie. Nationale Steuerbefreiungen und -ermäßigungen fossiler Brennstoffe sind sukzessive abzubauen und auf die Klimaschutzziele bis 2030 und bis 2050 auszurichten.
    • Thüringen bekräftigt, dass mit den Legislativakten für alle Verkehrsträger wirksame Vorgaben und Instrumente vorgelegt werden, die einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz und zur Antriebs- und Verkehrswende leisten können. Für eine klimaneutrale Mobilität in der europäischen Union ist die Transformation hin zu alternativen Antrieben und erneuerbaren, klimafreundlichen Kraftstoffen unabdingbar.
    • Thüringen betont die Bedeutung artenreicher und intakter Lebensräume, gerade auch für die Anpassung an nicht mehr vermeidbare Folgen der Klimakrise. Die Landesregierung begrüßt in diesem Zusammenhang die Überarbeitung der LULUCF-Richtlinie und die Vorlage der EU-Waldstrategie. Eine Anpassung der Wälder, nachhaltige eigenverantwortliche Waldbewirtschaftung und die langfristige intelligente und effiziente Nutzung von Holzprodukten sind entscheidend für den Erhalt von Holz als CO2-Speicher und die Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen.

    Das Ziel, die Senkenfunktion intakter Ökosysteme bis 2025 nicht zu verschlechtern sowie im Zeitraum bis 2030 erheblich zu erhöhen, ist von herausgehobener Bedeutung, um die Klimaschutzziele erreichen zu können. Den Böden kommt beim Klimaschutz auch eine wichtige Bedeutung zu. Sie können Kohlenstoff aufnehmen und speichern und sind Grundlage für die Produktion von Nahrungsmitteln. Besonders wichtig ist auch der Vorschlag für eine Verordnung über die Wiederherstellung der Natur mit ambitionierten und verbindlichen Zielmarken.

    • Thüringen stellt fest, dass im Hinblick auf den Zielpfad des Übereinkommens von Paris sowie die Klimaschutzziele auf Bundes- und Landesebene ein noch ehrgeizigeres Vorgehen erforderlich ist.
    • Thüringen erwartet von der Bundesregierung, die Gesetzespakete „Fit for 55“ sowie „REPowerEU“ aktiv zu unterstützen, indem sie sich für eine ehrgeizige und sozial ausgeglichene Ausverhandlung und schnelle Umsetzung der Vorschläge einsetzt. Zur Umsetzung der vorgeschlagenen EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur, also des Monitorings, der Berichte und Maßnahmen, sind seitens der EU die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen und durch den Bund kozufinanzieren. Der Einsatz der Bundesregierung auf europäischer Ebene sollte nach Auffassung der Landesregierung insbesondere auch darauf hinwirken, dass die Maßnahmen zur Erreichung des Klimaziels 2030 so weitgehend und wirkungsvoll wie möglich ausgestaltet werden.
    • Thüringen setzt sich auf der europäischen Ebene dafür ein, das Grüne Band als UNESCO-Weltnaturerbe zu verankern.
    • Thüringen unterstützt die Initiative der EU-Kommission zur grünen Infrastruktur durch die Einrichtung eines Biotopverbundes. Hinter dem Begriff grüne Infrastruktur steckt der Gedanke, dass Ökosysteme und ihre Leistungen – etwa intakte Auen als natürliche Hochwasservorsorge – ebenso wie "graue, also technische Infrastruktur" für die Entwicklung eines Landes unverzichtbar sind. Grüne Infrastruktur trägt zum menschlichen Wohlergehen zum Beispiel durch Klimaregulation, Erholung und Erleben von Natur und Landschaft und zum Erhalt der biologischen Vielfalt bei.
    • Thüringen bekennt sich zum Netzwerk Natura 2000. Ab 2016 wurden 12 Natura 2000-Stationen als regionale, nichtstaatliche Einrichtungen des Naturschutzes in gemeinnütziger Trägerschaft errichtet. Diese arbeiten eng mit der Verwaltung, den betroffenen Landnutzern sowie weiteren Akteuren vor Ort zusammen. Insbesondere durch eine professionelle Beratung der Landwirte (KULAP u. a.) und die Einwerbung von Fördermitteln für die Pflege und Erhaltung der FFH-Lebensraumtypen und -arten sowie der europäischen Vogelarten (ENL, NALAP u. a.) sollen die Stationen zur langfristigen Sicherung des europäischen Naturerbes in Thüringen beitragen. Gleichzeitig wurden attraktive Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen.
    • Thüringen erachtet eine beschleunigte Umsetzung der Maßnahmen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 als wichtigen Baustein, um die Gewässer in der EU zu schützen und die Wasserqualität von Grund- und Oberflächenwasser nachhaltig zu verbessern. Nur wenn es gelingt, die immer noch zu hohen Nähr- und Schadstoffeinträge (z. B. Phosphor-, Nitrat- und Pflanzenschutzmitteleinträge) deutlich zu verringern, die Gewässerstruktur zu verbessern und die Durchgängigkeit der Gewässer wiederherzustellen, können die Gewässer fit gemacht werden für die Zukunft, um so eine unserer wichtigsten Lebensgrundlagen zu sichern. Thüringen stellt fest, dass dieses aber nur gemeinsam mit allen Akteuren, wie zum Beispiel Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz und der Industrie, gelingen kann und dass seitens der EU auch weitere finanzielle Mittel für diese Aufgaben zur Verfügung zu stellen sind.
  • Der technologische Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung führen zu tiefgreifenden Veränderungen in vielen Lebensbereichen. Sie bringen enorme Chancen für die Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft, Stadt und Land, Forschung und Entwicklung (FuE) und nicht zuletzt für die Bürgerinnen und Bürger mit sich. In der EU gehören die Digitalisierung und die Dekarbonisierung zu den Prioritäten und spielen in allen Politikbereichen eine wesentliche Rolle.

    Digitalisierung:

    Im Rahmen der Digitalen Dekade sollen bis zum Jahr 2030 auf den Feldern Kompetenzen, Infrastruktur, Digitaler Wandel in Unternehmen sowie öffentliche Dienste Entwicklungsziele verwirklicht werden. Dabei zielen die von den Mitgliedstaaten gemeinsam beschlossenen Maßnahmen gleichermaßen darauf ab, Europas Kapazitäten bei den neuen digitalen Technologien zu stärken und innovative Möglichkeiten für Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher zu erschließen, wie auch den grünen Wandel mit dem Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050 voranzubringen.

    Aktuell führen die pandemiebedingten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einschränkungen vor Augen, welche Bedeutung die digitale Vernetzung und eine sichere, interoperable Datennutzung unter anderem für die Wirtschaft und Wissenschaft haben. Dadurch wird die sich ohnehin dynamisch entwickelnde Digitalisierung verstärkt und das Tempo der digitalen Transformation erhöht. Ziel der Landesregierung ist es, den Digitalisierungsschub durch die Pandemie zu nutzen, um den Umstieg auf digitale Technologien in den Unternehmen, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen sowie Regionen, und damit den Aufbau zukunftsfähiger Strukturen, zu unterstützen. Forschungs- und innovationspolitische Potenziale liegen beispielsweise im Einsatz von Big Data, das immense Möglichkeiten bei der Simulation hochkomplexer Prozesse eröffnet, und in der Erforschung der künstlichen Intelligenz (KI) und der Quantentechnologien, welche als Schlüsseltechnologien die nächsten Digitalisierungsstufen wesentlich treiben werden.

    Der innovationspolitische Schwerpunkt liegt in den fünf Feldern der bisherigen Regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie RIS Thüringen der Förderperiode 2021 bis 2027:

    • Industrielle Produktion und Systeme,
    • nachhaltige und intelligente Mobilität und Logistik,
    • gesundes Leben und Gesundheitswirtschaft,
    • nachhaltige Energie und Ressourcenverwendung,
    • Informations- und Kommunikationstechnik, innovative und produktionsnahe Dienstleistungen

    und insbesondere auf jenen Branchen, Themen und Wachstumsbereichen, die für die Zukunft des Landes von besonderer Bedeutung sind und bei denen Thüringen über komparative Spezialisierungsvorteile verfügt.

    Innovative Lösungen als Beitrag zur Beantwortung drängender gesellschaftlicher und sozialer Fragen zu leisten, stellt vor allem für die kleinen und mittleren Betriebe in Thüringen mit ihren oft geringen eigenen FuE-Kapazitäten eine große Aufgabe dar. Auch vor dem Hintergrund des Fehlens großer heimischer Unternehmen ist daher die impulsgebende Rolle der Wissenschaftslandschaft von besonderer Relevanz. Ziel muss es sein, wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu entwickeln und geeignete Ansätze zügig in marktfähige Anwendungen, Verfahren und Produkte auf Unternehmensseite zu überführen. Durch den Einsatz innovativer Technologien, Produktionsverfahren und Dienstleistungen und durch eigene FuE- und Innovationsaktivitäten können Thüringer Unternehmen zum einen ihre Produktivität weiter erhöhen, wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle anbieten und sich damit Vorteile im internationalen Standortwettbewerb verschaffen. Zum anderen ist die Industrie Impulsgeber für neue Forschungsthemen und technologische Entwicklungen in der Wissenschaft und bildet damit einen unverzichtbaren Teil der Innovationskette.

    In den kommenden Jahren wird es noch mehr darum gehen, durch thematische Schwerpunktsetzung die im Freistaat vorhandenen Kernkompetenzen in Wissenschaft und Wirtschaft zu stärken und systematisch wachstums- und zukunftsträchtige Wertschöpfungsnetzwerke branchen- und technologieübergreifend auf- und auszubauen. Damit soll gewährleistet werden, dass die Thüringer Akteure für die Herausforderungen des digitalen Zeitalters gerüstet sind und die sich bietenden Möglichkeiten im Einklang mit den EU-Zielen für einen ökologischen und digitalen Wandel bestmöglich nutzen können.

    Dekarbonisierung:

    Der ökologische Wandel wird durch die Dekarbonisierung der Wirtschaft bestimmt. Mit dem EU „Fit for 55“-Programm, dem Bundes-Klimaschutzgesetz sowie dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dazu, dem Thüringer Klimaschutzgesetz und den übergreifenden Beschlüssen des Klimagipfels von Glasgow rückt die Dekarbonisierung zunehmend in das Zentrum wirtschafts- und strukturpolitischer Maßnahmen.

    Die jüngere Vergangenheit hat auch gezeigt, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern auch eine von Versorgungssicherheit, Preisstabilität und industrieller Souveränität in der EU ist.

    Thüringen steht vor großen wirtschaftlichen Veränderungen. Dekarbonisierung tritt als Herausforderung neben Digitalisierung und Bewältigung des demografischen Wandels. Unternehmen, Verbände und Politik sind sich weithin in dem Punkt einig, dass der Prozess hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung notwendig ist. Das Erreichen der Treibhausgasneutralität ist für den wirtschaftlichen Bereich verpflichtend und stellt für das verarbeitende Gewerbe, welches in Thüringen zu fast 70 % auf Basis fossiler Brennstoffe oder fossil erzeugten Stroms arbeitet, eine große Aufgabe dar.

    Eine Grundvoraussetzung für das Gelingen der Transformation ist die Verfügbarkeit aus erneuerbaren Energien gewonnenen Stroms im benötigten Umfang und das verlässlich sowie zu Preisen, die die Wettbewerbsfähigkeit der im internationalen Wettbewerb stehenden Thüringer Unternehmen nicht gefährdet.

    Eine Investitionsoffensive kann zu einer Modernisierung des Freistaats, insbesondere in den Bereichen wirtschaftsnahe Infrastruktur, Bildung und Forschung, Ausbau der erneuerbaren Energien, Erhöhung der Energieeffizienz, Ausbau der Stromnetze, Ladeinfrastruktur und Speicher führen. Dazu stehen Investitionsmittel über EU- und Bundesprogramme zur Verfügung. Aufgabe des Landes ist die Begleitung der Thüringer Unternehmen, falls diese an den großen EU-Förderprojekten in Zukunftstechnologien (Important Projects of Common European Interest) beteiligt sind.

    Fachkräftegewinnung:

    Digitalisierungs- und Dekarbonisierungsprozesse benötigen gut ausgebildetes Fachpersonal. Unternehmen fällt es zunehmend schwerer, geeignete Fachkräfte zu gewinnen. Zudem sind in Thüringen traditionell bereits mehr Frauen als in den alten Bundesländern beschäftigt, die allgemeine Arbeitslosenquote ist die letzten Jahre sukzessive gesunken und die Anzahl der Arbeitskräfte ohne Berufsausbildung niedrig.

    Die Anwerbung von Fachkräften und Auszubildenden aus Drittstaaten stellt eine adäquate Möglichkeit dar, den Bedarf zu decken. Hierbei sollen ESF-Mittel eingesetzt werden, um das Land Thüringen als Arbeitsstandort und Lebensmittelpunkt attraktiver zu machen. Auf der Agenda stehen vor allem eine besser gelingende Integration der Fachkräfte, eine wirksamere Vernetzung aller beteiligten Einrichtungen sowie die Aufklärung und Information der kleinen und mittleren Unternehmen im Freistaat Thüringen zu stärken.

  • In einer zunehmend verflochtenen Welt gewinnt die europäische Vernetzung in mehrfacher Hinsicht weiter an Bedeutung für Thüringen. Stichworte wie Klimawandel, Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft, demografischer Wandel und Stärkung des ländlichen Raums haben eine gesamteuropäische Dimension und verlangen nachhaltige Lösungen. Die europäische Vernetzung zu verstärken und gezielt in den Bereichen auszubauen, die für die Entwicklung Thüringens wichtig sind, ist deshalb – neben der Vertiefung der bereits institutionalisierten Regionalpartnerschaften mit Małopolska und Hauts-de-France – ein wesentliches Anliegen der Landesregierung.

    Europäische Vernetzung ist dabei in mehrfacher Hinsicht wichtig. Der Austausch von Kompetenzen, Lösungsansätzen und Erfahrungen liefert wertvolle Impulse für die Entwicklung Thüringer Schwerpunktthemen. Vor dem Hintergrund zukünftig rückläufiger Mittelzuweisung aus den EU-Strukturfonds gewinnt der Zugang zu den zentralen EU-Förderprogrammen an Bedeutung. Dafür ist eine Vernetzung auf europäischer Ebene notwendig, um europäische Partner zu finden und Konsortien zu entwickeln, die Voraussetzung für die Teilnahme an diesen Förderprogrammen sind. Für den Aufbau europäischer Partnerschaften und Netzwerke bedarf es erheblichen zeitlichen Vorlaufs, bevor diese tragfähig sind und in konkrete Kooperationen oder Programmbeteiligungen münden. Als thematische Anknüpfungspunkte bieten sich strategische Thüringer Entwicklungspläne an, etwa zu Klimaschutz, Energiewende, Innovationsbereichen, Digitalisierung, eHealth, Fachkräfteentwicklung, demografischer Wandel, kulturelles Erbe et cetera.

    Die Landesregierung ist derzeit bereits in mehreren Netzwerken aktives Mitglied. Beispielhaft sind hier ERRIN (European Regions Research and Innovation Network) und ERIAFF (Network of European Regions for Innovation in Agriculture, Food and Forestry) zu nennen. ERRIN ist ein Netzwerk im Bereich Forschung und Innovation und eine gut etablierte Brüsseler Plattform, der rund 125 regionale Interessenvertretungen aus mehr als 22 europäischen Ländern angehören. Seit 2015 ist Thüringen ERRIN-Mitglied und bietet regionalen Thüringer Akteuren den Zugang zum Netzwerk und dessen Leistungen. Es schafft enge informelle Beziehungen zwischen Mitgliedsregionen, EU-Institutionen und anderen Partnern und unterstützt regionale Kooperationen durch Best-practice-Austausch, Entwicklung von Projektideen und interregionalen Partnerschaften. Die Akteursvielfalt umfasst regionale Behörden, Universitäten, Forschungsorganisationen, Handelskammern und Cluster. Die inhaltlichen Prioritäten entsprechen den jeweiligen regionalen Bedarfen und orientieren sich an den auf EU-Ebene gebotenen Möglichkeiten, vor allem an EU-Förderprogrammen wie zum Beispiel Horizont Europa, Interreg, LIFE, Erasmus+ und Kreatives Europa. Ziel muss sein, die Beteiligung weiterer Thüringer Akteure auszubauen.

    Das Netzwerk Europäische Regionen für Innovationen in Landwirtschaft, Ernährung und Forst (ERIAFF), dem 88 Regionen aus 21 Ländern angehören, ist eine wichtige europäische Kooperationsplattform gegenüber der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Ausschuss der Regionen. Thüringen als kleines land- und forstwirtschaftlich geprägtes Bundesland kann durch diese Vernetzung mit anderen europäischen Regionen im ERIAFF profitieren, indem themenspezifisch Positionspapiere bei den EU-Institutionen eingebracht werden, Veranstaltungen organisiert oder auch interregionale Innovationsprojekte entwickelt werden. Auch diese Plattform für europäische Vernetzung im Landwirtschafts- und Forstbereich soll kontinuierlich ausgebaut und erweitert werden.

    Die europäische und internationale fachliche Vernetzung ist in den verschiedenen Politikbereichen und Institutionen in Thüringen unterschiedlich ausgeprägt. Stärker verankert ist diese im Bildungs-, universitären und kulturellen Bereich. In anderen Bereichen stehen die regionale und europäische Vernetzung noch am Anfang. Thematische Netzwerke sind insbesondere für die regionale und lokale Ebene von Interesse, da damit ein praxisbezogener Erfahrungsaustausch verbunden ist. Diese Potenziale gilt es zukünftig durch interregionale beziehungsweise europäische Zusammenarbeit besser auszuschöpfen.

    Regionalpartnerschaften:

    Die etablierte Regionalpartnerschaft Thüringens - ursprünglich mit der Picardie und seit der französischen Gebietsreform 2016 mit der neu entstandenen größeren Region Hauts-de-France - wurde 2019 anlässlich des 25-jährigen Bestehens mit einer aktualisierten Kooperationsvereinbarung erneuert. Es wird in den kommenden Jahren nun darum gehen diese neu mit Leben zu füllen. Anknüpfungspunkte bieten sich im Bereich regenerative Energien, beim Transformationsprozess im Automobilbereich, im Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturbereich. Thüringer Akteure sind derzeit Partner in dem von Hauts-de-France und der Metropolregion Lille geführten Konsortiums zum Neuen Europäischen Bauhaus.

    Mit der Region Małopolska ist Thüringen seit 1997 partnerschaftlich verbunden. Die Partnerschaft hat sich zu einem wichtigen Element in den deutsch-polnischen Beziehungen entwickelt und erstreckt sich über den Bildungs-, Wissenschafts-und Kulturbereich auch auf viele zivilgesellschaftlichen Gruppen. Mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft hat diese Partnerregion ein enormes Potenzial, das entsprechend genutzt werden sollte. Zum 25-jährigen Jubiläum im Jahr 2022 vereinbarten beide Seiten zudem, ihre künftigen gemeinsamen Aktivitäten auf die Ukraine, insbesondere die Region Lwiw, auszudehnen, ganz im Sinne der angestrebten europäischen Integration des Landes.

    Weiterentwicklung der Partnerschaften und Netzwerke:

    In einem ersten Schritt sollen in den kommenden Jahren die genannten Aktivitäten vertieft und gezielt dafür genutzt werden, gemeinsame Interessen zu definieren und diesen auf europäischer Ebene Gehör zu verschaffen. Die Thüringer Staatskanzlei wird auf dieser Grundlage prüfen, welche Instrumente für den Aufbau und zur Pflege europäischer Partnerschaften / Netzwerke weiter zu entwickeln sind, um Multiplikatoren und Akteure zu befähigen an europäischen Vorhaben teilzunehmen und wird hierzu eine Koordinierungsfunktion übernehmen. Die im Konzept für die Etablierung eines Thüringer Europapools vorgesehenen Hospitationen in der Thüringer Landesvertretung bei der EU in Brüssel sind ein weiteres Element um europäische Vernetzungskompetenzen seitens der Staatskanzlei zu stärken.

Kleine Flaggen aus europäischen Ländern sind auf einer EU Flagge aufgesteckt. Im Hintergrund eine Gruppe von Zuhörern.

Förderung des Europagedankens in Thüringen

Eines der wichtigsten Themen, die in der Staatskanzlei bearbeitet werden, ist die Förderung des Europagedankens in Thüringen. Der Freistaat Thüringen betreibt mit Unterstützung der Europäischen Kommission das Europe Direct-Informationszentrum in der Thüringer Staatskanzlei.

Daneben sind die Europareferate auch verantwortlich für die Mitwirkung der Länder in EU-Angelegenheiten über den Bundesrat, den Ausschuss der Regionen und der Europaministerkonferenz der Länder, die Erhöhung der europapolitischen Kompetenz der Landesverwaltung, die Koordinierung der fristgerechten Umsetzung von EU-Recht im Freistaat, Grundsatzfragen der EU-Struktur- und Regionalpolitik sowie der Förderprogramme der Europäischen Union. Sie kümmern sich im Einzelfall um die mitgliedsstaaten-übergreifende Zusammenarbeit auf regionaler Ebene zur Verfolgung gleicher europapolitischer Interessen.

Ihre Rechte als Unionsbürger.....

Ihre Rechte in Europa

Das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union verleiht den Bürgerinnen und Bürgern in der Union eine Vielzahl an Rechten, die sie gegenüber den EU-Mitgliedstaaten und den EU-Organen einfordern können und eine Einflussnahme auf die Gestaltung und Ausübung der EU-Politiken sichern.

Ihre Rechte als Unionsbürger

Wenn Sie die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates haben, besitzen Sie gemäß Art. 20 I AEUV auch die Unionsbürgerschaft. Sie ergänzt die nationale Staatsbürgerschaft, ersetzt sie aber nicht. Sie verleiht

  • das Recht, sich im gesamten Gebiet der Union frei zu bewegen und aufzuhalten,
  • das Recht, in allen EU-Ländern wie ein Inländer behandelt zu werden, wenn es zum Beispiel um die Suche nach Arbeit oder den Kauf einer Wohnung geht,
  • das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen sowie bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzland, auch wenn man nicht dessen Staatsangehörigkeit besitzt,
  • das Recht auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden eines jeden Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines Drittlandes,
  • das Recht, sich in der Amtssprache seiner Heimat an alle Organe der EU zu wenden und in derselben Sprache eine Antwort zu erhalten,
  • das Recht, sich an den Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments zu wenden,
  • das Recht, sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden.

Ihre Rechte gegenüber den EU-Organen

Auch auf europäische Ebene gelten Grundrechte, die an den Grundprinzipien der Menschenwürde, Demokratie und Rechtstaatlichkeit anknüpfen. Die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (PDF, nicht barrierefrei, 96 KB) niedergelegten Rechte, Freiheiten und Grundsätze sind aus den Verfassungstraditionen und internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten abgeleitet und von den EU-Organen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu achten. Sie können von allen innerhalb der Union wohnhaften Bürgerinnen und Bürgern beim Europäischen Gerichtshof eingeklagt werden, sofern eine Verletzung dieser Rechte geltend gemacht werden kann. Außerdem können Verletzungen der Unionsbürgerrechte auch in Form einer Petition gegenüber dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments geltend gemacht werden.

Ihre Initiativrechte – Die Europäische Bürgerinitiative

Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) eröffnet den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern die Möglichkeit, die Europäische Kommission zur Vorlage eines Regelungsvorschlags aufzufordern. Eine solche Initiative bedarf der Unterschrift von mindestens einer Million Unionsbürgerinnen und –bürgern aus mindestens einem Viertel aller Mitgliedstaaten (derzeit sieben). Außerdem muss pro Land innerhalb von zwölf Monaten eine Mindestzahl an Unterstützungsunterschriften erreicht werden. Nähere Informationen zur EBI finden Sie unter folgender Webseite.

Webseite der Europäischen Kommission

Ihre Beschwerderechte

Sie haben folgende Möglichkeiten:

Ihre Rechte zur Mitgestaltung

Sogenannte Konsultationen eröffnen Ihnen die Möglichkeit, Ihr Wissen und Ihre Interessen in ein Rechtsetzungsverfahren einzuspeisen. Bevor die Kommission einen Rechtsakte entwirft oder ändert, informiert sie hierüber die Öffentlichkeit und räumt eine Frist ein, innerhalb derer Vorschläge und Positionen zu dem Vorhaben der Kommission übermittelt werden können. Die Kommission stellt ihrem Regelungsvorschlag ein Überblick über die Konsultationsergebnisse voran. Über die laufenden Konsultationen informiert Sie die Webseite der Europäischen Kommission.

EU-Förderprogramme im Überblick - warum Europa sich für Thüringen lohnt

EU-Kooperationsprogramme

Ein Großteil des EU-Haushaltes fließt über die Finanzierung zahlreicher EU-Kooperationsprogrammen zurück in die Mitgliedstaaten und Regionen:

  • Von großer Bedeutung ist für Thüringer Forscher aus Wirtschaft und Wissenschaft das Programm HORIZONT 2020, aus dem Mittel für Forschung und Entwicklung zur Verfügung gestellt werden.
     
  • Thüringer Unternehmen profitierten vom COSME-Programm, mit dem innovative Unternehmensaktivitäten gefördert werden.
     
  • 14,8 Mrd. € stellt die EU 2014 bis 2020 für den Ausbau von Kooperationen im Bereich der Schüler-, Berufs-, Hochschul- und Erwachsenenbildung bereit. Das Programm ERASMUS+ unterstützt auch Jugendbegegnungen sowie den Erfahrungsaustausch im Sport
     
  • Die Intensivierung des Kulturaustausches ist Gegenstand des EU-Programms KULTUR.
     
  • Aber auch europäisches bürgerschaftliches Engagement wird unmittelbar von der EU bezuschusst. Das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ unterstützt Kommunen, Verbände, Bildungseinrichtungen oder andere zivilgesellschaftliche Organisationen, die mit ihren Projekten zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft beitragen, zum Beispiel durch die Organisation grenzüberschreitender Begegnungen und Partnerschaften.

    Zur Webseite der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V.

Für die EU-Förderprogramme sind Anträge entweder direkt bei der Kommission oder aber bei den zuständigen Exekutivagenturen einzureichen. In den Mitgliedstaaten geben nationale Kontaktstellen Auskunft über Fördermöglichkeiten. Einen ersten Überblick über die EU-Förderprogramme in Thüringen kann man sich mit Hilfe der EU-Förderdatenbank des Bundes verschaffen.

Zur Webseite der Förderdatenbank

Thüringer Europaförderrichtlinie

Förderung der europäischen Integration und der Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa

Im Rahmen der Thüringer Europaförderrichtlinie fördert die Thüringer Staatskanzlei Europaveranstaltungen und Europaprojekte von besonderer europapolitischer Bedeutung mit anteiligen finanziellen Zuwendungen.

Hauptzweck der Richtlinie ist die finanzielle Unterstützung und Förderung von Vorhaben der europapolitischen Öffentlichkeitsarbeit, um damit die Zustimmung der Thüringer Bevölkerung zum Europäischen Einigungsprozess zu erhöhen und die Kenntnisse zu aktuellen europapolitischen Schwerpunkten zu vertiefen.

Die Zuwendung wird als Projektförderung im Rahmen der Anteilfinanzierung als nicht rückzahlbarer Zuschuss gewährt. Ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht.

Zweite Änderung der Neufassung der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen zu Maßnahmen, die geeignet sind, die europäische Integration und die Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa zu fördern – Projektförderung – (Thüringer Europaförderrichtlinie – ThürEFR – vom 22. August 2012)“  - siehe Anlage „Thüringer Europaförderrichtlinie“

Anlage 1 - Antrag auf Projektförderung (PDF, nicht barrierefrei, 78,2 KB)​​​

Anlage 2 - Kosten und Finanzierungsplan (PDF, nicht barrierefrei, 78,9 KB)

Anlage 3 - Veranstaltungsbewertung (PDF, nicht barrierefrei, 23,8 KB)

Anlage 4- Auswertungsbogen ​​​​​​​(PDF, nicht barrierefrei, 25,4 KB)

Anlage 5 - Verwendungsnachweis (PDF, nicht barrierefrei, 44,7 KB)​​​​​ ​​

Kontakt

Agnes Freyer 
Mail Agnes Freyer
Tel: 0361 57 3215 336 

Fax: 0361 57 3215 302
 

Matthias Hofmann
Mail Matthias Hofmann
Tel: 0361 57 3215 330
Fax: 0361 57-3215 302

 

Adresse
Thüringer Staatskanzlei
Abteilung 3 Bundes- und Europaangelegenheiten
Regierungsstraße 73
99084 Erfurt
 

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