Thüringens Stimme in Europa

Die Thüringer Landesregierung vertritt auf allen Ebenen des europäischen Mehrebenensystems aktiv die Interessen des Freistaats. Dabei ist es für die Landesregierung von besonderer Bedeutung, in dem europäischen Entscheidungsprozess mitzuwirken und zu bedeutsamen Vorhaben möglichst frühzeitig eine Abstimmung ihrer europapolitischen Positionen herbeizuführen, damit diese verbindlich und auf allen Ebenen (Land, Bund und EU) vertreten werden können.
Durch die Vertretung des Freistaats in Brüssel, eine proaktive europäisch ausgerichtete Mitwirkung im Bundesrat, im Ausschuss der Regionen sowie in weiteren Gremien stehen dem Freistaat eine Vielzahl von Mitwirkungsinstrumenten in Europaangelegenheiten zur Verfügung.
Gremien und Strukturen der europapolitischen Willensbildung | |||
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Europäische Ebene außerhalb der EU | Kongress der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften (KGRE)* beim Europarat in Strasbourg | ||
EU-Ebene ** | Ausschuss der Regionen*** (AdR) | Länderbeobachter Brüssel | |
Nationale Ebene | Europaministerkonferenz* (EMK) | Bundesrat | |
Landesebene | Thüringer Staatskanzlei Arbeitsbereich Europa | Europareferenten in allen Ressorts | Europaausschuss des Thüringer Landtags |
Kongress der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften
Der KGRE wurde 1994 im Europarat als beratende Stimme der Regionen und Gemeinden ins Leben gerufen und vereint heute 313 namentlich benannte Mitglieder und eben soviel Stellvertreter aus den 47 Mitgliedstaaten des Europarates, die gewählte Vertreter von kommunalen oder regionalen Gebietskörperschaften sind. Arbeitsgrundlage ist eine Statutarische Entschließung vom Ministerkomitee des Europarates.
Der Kongress tritt einmal jährlich in Strasbourg zusammen, wo er insgesamt und in zwei Kammern tagt: der Kammer der Gemeinden und der Kammer der Regionen. Deutschland kann 18 Mitglieder entsenden, die sich 9 Vertreter der kommunalen Ebene und 9 Vertreter der Länderebene teilen. Hinzu kommen 18 Stellvertreter. Die Länder haben sich auf ein Rotationsverfahren für den jeweiligen Status „Mitglied“ oder „Stellvertreter“ geeinigt.
Der Kongress berät das Ministerkomitee und die Parlamentarische Versammlung des Europarates in Form von Stellungnahmen und Empfehlungen. Er bietet den Gemeinde- und Landespolitikern ein europaweites Diskussionsforum zum Erfahrungsaustausch.
Ausschuss der Regionen
Die Länder können ihren Einfluss auf die Europapolitik nicht nur über den Bundesrat in Berlin geltend machen. Sie verfügen darüber hinaus mit dem Ausschuss der Regionen (AdR) über ein wichtiges Instrument, ihren Anliegen in Brüssel selbst Gehör zu verschaffen. Der Ausschuss der Regionen ist eine politische Versammlung von Vertretern der Gemeinden, Städte und Regionen Europas. Er ist ein beratendes Gremium im institutionellen Gefüge der Europäischen Union und vertritt die Interessen der Regionen und Kommunen. Nicht zuletzt durch seine hochrangige Besetzung - für Deutschland unter anderem Ministerpräsidenten und Minister der Länder - hat der AdR seit seiner Einrichtung im Jahr 1994 an politischem Gewicht gewonnen, um die Anliegen der regionalen Ebene und kommunalen in den europäischen Entscheidungsprozess einzubringen.
Weiterführende Informationen
- Zur Webseite des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR)
Europaministerkonferenz der Länder
Zu den Aufgaben der EMK gehört die Koordinierung der Europapolitik der Länder (insbesondere bei der Vertretung von Länderinteressen gegenüber dem Bund und den EU-Institutionen), der europapolitischen Aktivitäten der Länder und der Informationspolitik der Länder zur Förderung des europäischen Gedankens. Die Beschlüsse der EMK werden einstimmig gefasst. Der Vorsitz der EMK wechselt jährlich zum 1. Juli in alphabetischer Reihenfolge.
EU-Ausschuss Bundesrat
Rechtliche Grundlage für die Mitwirkung der Länder in europäischen Angelegenheiten stellt Artikel 23 GG dar, der mit dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (EUZBLG) und einer darauf gestützten Bund-Länder-Vereinbarung vom 29.Oktober 1993 (ergänzt am 8. Juni 1998) näher ausgeformt wurde. Danach erfolgt die Mitwirkung der Länder durch den Bundesrat. Die Bundesregierung ist verpflichtet, den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten. Der Bundesrat gibt Stellungnahmen zu den für die Länder relevanten europäischen Vorhaben ab. Diese Stellungnahmen sind von der Bundesregierung in den Verhandlungen zu berücksichtigen. Eine Bindung der Bundesregierung ist in den Fällen vorgesehen, in denen im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind. Der Bundesrat berät jährlich etwa 150 EU –Vorlagen, davon betreffen etwa ein Drittel unmittelbare Rechtsetzungsvorhaben.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Teilnahme von Ländervertretern an den Verhandlungen in den Beratungsgremien von Kommission und Rat, soweit wesentliche Interessen der Länder berührt sind und soweit dies möglich ist. Diese Ländervertreter haben im Wesentlichen zwei Aufgaben: Sie sollen den Sachverstand und die Interessen der Länder in die Beratungen einbringen und die Verhandlungen aus Ländersicht beobachten. Leitschnur ihres Handelns ist die Stellungnahme des Bundesrates; sie bestimmt die Verhandlungsposition der Ländervertreter. Bei Vorhaben, die im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder betreffen soll die Verhandlungsführung auf einen Ländervertreter in den Beratungsgremien von Kommission und Rat sowie in den Ratstagungen übertragen werden. Die Länder werden bei der Wahrnehmung ihrer Mitwirkungsrechte durch den Länderbeobachter unterstützt. Eine Hauptaufgabe des Länderbeobachters ist die Unterrichtung der Länder über die Beratungen in der Räten.
Mit der Ratifikation in Deutschland wurde ein Begleitgesetz beschlossen, dass die Mitwirkungsrechte der Länder in Europaangelegenheiten weiter stärkt.