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Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (DIE LINKE)

Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff
Chef der Staatskanzlei und Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten

Kulturpolitik

Kultur ist in Thüringen so gegenwärtig, so intensiv wahrnehmbar wie kaum in einem anderen Flächenland der Bundesrepublik Deutschland. Sie leistet für uns einen entscheidenden Beitrag für eine hohe Lebensqualität im Freistaat und ist wesentliche Grundlage für gesellschaftliche, wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen, die unser Land stark und lebensfähig machen.

Kultur in Thüringen ist bestimmt von der einzigartigen Dichte eines Netzes kultureller Orte und Aktivitäten. Sie definiert sich aus regionaler Vielfalt und kulturellem Erbe von nationaler Bedeutung, aus gewachsener Tradition und lebendiger Gegenwart.

Mit dem Kulturkonzept des Freistaats Thüringen bekennt sich das Land zu seiner Verantwortung für den Erhalt und die Fortentwicklung der Thüringer Kulturlandschaft.

 

Vollzugshinweise für die Denkmalfachbehörde und die unteren Denkmalschutzbehörden

Logografik Vollzugshinweise Denkmalschutzbehörden
  • Vollzugshinweise für die Denkmalfachbehörde und unteren Denkmalschutzbehörden im Hinblick auf die Genehmigung von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen an bzw. auf Kulturdenkmalen nach § 2 Abs. 1 Thüringer Denkmalschutzgesetz (ThürDSchG)

    in der Fassung vom 14. April 2004 zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GVBI S. 731, 735)

    Mit diesen Vollzugshinweisen soll zur Änderung des § 2 Erneuerbare—Energien-Gesetz (EEG 2023), welcher zum 29. Juli 2022 in Kraft getreten ist, informiert und die Auswirkungen auf das denkmalschutzrechtliche Erlaubnis- oder Zustimmungsverfahren erläutert werden.

    1. Anderung des 2 EEG 2023

    Der geänderte § 2 S. 1 und 2 EEG 2023 lautet wie folgt:

    ,,§ 2 Besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien
    Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutra/ ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht
    werden. "

    Durch die Änderung des § 2 EEG 2023 ist festgelegt worden, dass die zu errichtenden Anlagen (Photovoltaik, Solanhermie) im überragenden öffentlichen Interesse liegen und somit als vorrangiger Belang bei der Schutzgüterabwägung zu berücksichtigen sind.
    Die in § 2 EEG 2023 enthaltene Wenentscheidung bedeutet keinen pauschalen Vorrang erneuerbarer Energien, doch kommt eine Versagung allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht. Es muss daher auch in Zukunft in jedem Einzelfall eine Abwägung mit den Belangen des Denkmalschutzes erfolgen.

    Aufgrund dieses im § 2 EEG 2023 festgelegten überragenden öffentlichen Interesses ist das Ermessen regelmäßig dahingehend auszuüben, dass die Genehmigung für Solaranlagen zu erteilen ist.

    2. Vollzugshinweise für das TLDA

    Im Rahmen des denkmalschutzrechilichen Erlaubnisverfahrens sind daher durch das TLDA als Denkmalfachbehörde sowohl im Rahmen ihrer bauvorbereitenden Beratung als auch bei der Anhörung im Erlaubnisverfahren folgende Gesichtspunkte zu beachten:
    Jede Installation einer Solaranlage, wie Photovoltaik oder Solarthermie an oder auf einem Kulturdenkmal bedarf einer denkmalschuizrechtlichen Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ThürDSchG. Das Kulturdenkmal oder Teile davon werden durch die Errichtung von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen umgestaltet und in ihrem äußeren Erscheinungsbild verändert.

    Durch das TLDA ist weiterhin zu prüfen, ob gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.

    Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes stehen einer Maßnahme entgegen, wenn sie mit einer mehr als unerheblichen Beeinträchtigung des Denkmals und seines Erscheinungsbildes verbunden ist.
    Entscheidend ist, ob der Gegensatz deutlich wahrnehmbar ist und vom sachverständigen Betrachter als störend empfunden wird. Ob ein Denkmalschutzobjekt durch eine Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt und deshalb gewichtige Gründe des Denkmalschutzes der Maßnahme entgegenstehen, ist Gegenstand einer rechtlichen Bewertung.

    In objektiver Hinsicht wird eine erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmalensembles hervorgerufen, wenn sein Gesamteindruck durch die jeweilige bauliche Maßnahme empfindlich gestört wird. Dies setzt einerseits noch nicht voraus, dass die baulichen Veränderungen zu einer ohnehin bereits bauordnungsrechtlich unzulässigen Verunstaltung führen; andererseits genügt aber nicht jede nachteilige Beeinflussung des äußeren Erscheinungsbildes des Ensembles (Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 13. April 2005 - 1 KO 288/02 -‚ S. 13 UA).

    Insbesondere bei folgenden Sachverhalten kann eine erhebliche Beeinträchtigung eines Kul-
    turdenkmals vorliegen:

    • bei geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Ausweisungsgründen eines Kulturdenkmals,
    • bei ortsbildprägenden Objekten und baulichen Gesamtanlagen, die herausragend an bedeutenden Plätzen, Straßenzügen oder in Sichtachsen liegen.
    • bei erheblichen Eingriffen in die denkmalwerte Bausubstanz (z.B. Dachkonstruktion, Dachhaut, Fassade, Statik).

    Zur Verringerung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung ist wie folgt durch das TLDA zu verfahren:

    a) Es ist zu prüfen, ob sich Aiternativstandorte z.B. auf nachrangigen Nebengebäuden besser für die Errichtung von Solaranlagen eignen.
    b) Es ist prüfen, ob nicht sichtbare und verborgene oder zumindest untergeordnete und eingerückte Teile des Daches für eine Anbringung von Solaranlagen in Frage kommen.
    c) Es ist zu prüfen, wie eine Solaranlage möglichst zurückhaltend angebracht und in die Dachfläche gestalterisch eingeordnet werden kann:

    • Es ist eine flächige und geometrisch einfache Anordnung (keine Sägezahnveriegung) mit Abstand zu den Dachkanten zu favorisieren.
    • Die Solaranlage sollte einschließlich ihrer Rahmen matt und farblich einheitlichgestaltet sein und sich möglichst der vorherrschenden Dachfarbe anpassen. Von Vorteil ist es, wenn die Module nicht oder kaum als Einzeleiemente hervorstechen.

    Es können Hinweise zur Umsetzung gegeben werden. Eine ablehnende fachliche Stellungnahme resultiert daraus nicht.
    Die Beeinträchtigung ist möglichst im Einzelfall so zu reduzieren, dass es zu einer im Interesse des Antragstellenden positiven denkmalfachlichen Bewertung kommen kann.

    3. Vollzugshinweise für die unteren Denkmalschutzbehörden

    Sofern die Denkmalfachbehörde festgestellt hat, dass der Errichtung einer Solaranlage (Photovoltaik oder Solarthermie) gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstehen, hat die untere Denkmalschutzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob sie die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erteilt.

    Hinsichtlich dieser zu treffenden Ermessensentscheidung muss zwischen dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Kulturdenkmals in Substanz und äußerem bzw. überliefertem Erscheinungsbild einerseits und den der Erhaltung des Kulturdenkmals möglicherweise widerstreitenden öffentlichen und Eigentümerinteressen andererseits abgewogen werden.

    Ausgangspunkt jeder Abwägungsentscheidung sind die gesetzlichen Ausweisungsgründe, welche ausführlich begründet sein müssen. Sofern erweiterte Kenntnisse aus objekt- oder flächenbezogenen denkmalfachlichen Untersuchungen vorliegen, sind diese gleichfalls zur Entscheidungsfindung heranzuziehen.

    Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange überwiegen.

    Durch die Änderung des § 2 EEG 2023 wurde festgelegt, dass die zu errichtenden Anlagen (Photovoltaik, Solarthermie) im überragenden öffentlichen Interesse liegen und somit als vorrangiger Belang bei der Schutzgüterabwägung zu berücksichtigen ist.

    Aufgrund dieses im § 2 EEG 2023 festgelegten überragenden öffentlichen Interesses ist das Ermessen regelmäßig dahingehend auszuüben, dass die Genehmigung für Solaranlagen zu erteilen ist.

    Eine Versagung kommt allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht. Dabei muss das Interesse an der Erhaltung des Kulturdenkmals in Substanz und äußerem bzw. überliefenem Erscheinungsbild das überragende Interesse zur Errichtung und Betrieb von Anlagen erneuerbarer Energien überwiegen. Dabei müssen Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewich-
    tigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis gesetzt werden (Bayerischer VenNaItungs-
    gerichtshof, Urteil vom 11. Januar 2011 — 15 8 10.212 —‚ juris).

    Ausnahmefälle sind:

    • anerkannte UNESCO-Welterbestätten,
    • Kulturdenkmale, für die ein UNESCO-Welterbestätten-Antrag gestellt wurde,
    • Kulturdenkmale mit einem herausragenden Geschichts- oder Kunstwert.

    Zu den Kulturdenkmalen mit einem herausragenden Geschichts- oder Kunstwert sind solche zu zählen, die

    1. in außergewöhnlichem Maß kennzeichnend für einen besonderen Entwicklungspunktinnerhalb der Architektur— und Kunstgeschichte sind oder
    2. epochendefinierende, maßgeblich identitätsstiftende Leitbauten von herausragender Bedeutung für das nationale baukulturelle Erbe darstellen oder
    3. aufgrund ihrer nationalen oder internationalen Beachtung in einem herausragenden Fokus stehen.

    Das überragende Interesse der erneuerbaren Energien ist in den benannten Ausnahmefällen gleichwertig bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. in diesen Fällen kommt den Belangen der erneuerbaren Energien allein kein überragendes Gewicht zu. Eine Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ist weiterhin möglich.

    Der Ermessensspielraum ist durch die unteren Denkmalschutzbehörden auszuschöpfen, d.h., dass auch Nebenbestimmungen in Betracht zu ziehen sind, um zu einer Genehmigungsfähigkeit zu gelangen. Dabei sind die Zumutbarkeitskriterien des § 7 Abs. 1 ThürDSchG zu berücksichtigen.

    4. Bodendenkmale

    Die Vollzugshinweise finden keine Anwendung auf Bodendenkmale nach § 2 Abs. 7 ThürDSchG.

    Erfurt, den 19.01.2023
    Im Auftrag

    Christina Halwas
    Ministerialrätin
     

Heimat- und Brauchtumspflege

  • Stand der Brauchtums- und Heimatpflege in Thüringen
    Kleine Anfrage Nr. 2481 des Abgeordneten Urbach (CDU)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin,

    die Kleine Anfrage des Abgeordneten Urbach (CDU) beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

    1) Wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung der Brauchtums- und Heimatpflege für die Kulturpolitik im Freistaat Thüringen sowie die Entwicklung des Kulturlandes Thüringen? Welche Synergien für andere Bereiche gibt es?

    Brauch- und Heimatpflege finden vor allem im ehrenamtlichen Engagement statt. Die hohe Bedeutung des Ehrenamtes für die Zivilgesellschaft wird durch den Freistaat Thüringen anerkannt und aktiv unterstützt.

    Eine zentrale Steuerung durch die Landesregierung erfolgt jedoch nicht und wird auch nicht angestrebt, da sie der lokalen Dynamik dieser vielseitigen, ehrenamtlichen Initiativen nicht gerecht würde.

    Zur Unterstützung der Brauch- und Heimatpflege wird vom Freistaat die Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle finanziert. Zuwendungen erhalten die Geschäftsstelle des Heimatbundes Thüringen e.V., sowie weitere Verbände, die in diesem Bereich aktiv sind, so der Thüringer Landestrachtenverband e.V., der Thüringer Tanzverband e.V., der Chorverband Thüringen e.V. u.a.

    Je nach den lokalen Schwerpunkten gibt es Synergieeffekte in verschiedenen Bereichen, so zum Beispiel im Bereich der Denkmalpflege und Technologieentwicklung, im Bereich Bau (INNOVENT e. V.). Ein Beispiel ist auch das gegenwärtig vom Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zusammen mit dem Heimatbund Thüringen e.V. erarbeitete Projekt „Jugend erinnert“. Kooperationspartner ist unter anderem die Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle, da ehrenamtliche Ausstellungsinitiativen hier eine wesentliche Rolle spielen werden.

    2) Welche besondere Bedeutung hat die Brauchtums- und Heimatpflege im ländlichen Raum?

    Brauch- und Heimatpflege sind wesentlich für die Kulturen ländlicher Räume. Sie sind wichtiger Bestandteil eines reichhaltigen Vereinslebens, wirken
    sinn-, gemeinschafts- und identitätsstiftend und geben dem Einzelnen die Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken. Damit tragen sie zur Erhaltung und Stärkung der Attraktivität der ländlichen Räume bei.

    3) Was ist aus Sicht der Landesregierung unter dem Begriff „Brauchtums- und Heimatpflege“ zu verstehen und welche Projekte, Maßnahmen, Aktivitäten oder Initiativen werden darunter erfasst?

    Das Verständnis der Landesregierung von Brauch- und Heimatpflege richtet sich an aktuellen Definitionen von Brauch und Heimat aus.

    Brauch wird als die äußere Form eines regelmäßig wiederkehrenden Vorgangs verstanden. Der Wiederholungscharakter macht den Brauch zu einer überlieferten Form und bindet ihn damit in eine Tradition/Geschichte ein. Der Brauch ist wandlungsfähig („gebräuchlich“), das bedeutet, dass er auch ohne die ursprüngliche Sinngebung weiter aktiv ausgeführt werden kann bzw. im Laufe der Zeit eine Sinnwandlung stattfindet

    Der Begriff Heimat erlebte seit dem 19. Jh. mit der Zunahme der sozialen und räumlichen Mobilität einen umfänglichen Bedeutungswandel. Die Landesregierung geht von einem offenen Heimatverständnis aus, das Heimat vor allem als Übereinstimmung des Menschen mit seiner Lebenswelt versteht. Heimat ist somit nicht mehr an Grundbesitz, Grenzen oder Herkunft gebunden, sondern an den Menschen und dessen Einstellung zu seiner Lebenswelt. Die mit der Heimatvorstellung verbundenen Traditionen werden nicht als starre Wiederholung von Überkommenem betrachtet, sondern in ihrer Lebendigkeit und Anpassungsfähigkeit an die jeweiligen Bedürfnislagen.

    Auf der Grundlage dieser Definitionen fördert die Brauch- und Heimatpflege der Landesregierung ein weltoffenes Kulturverständnis, damit die Menschen in ihren Städten und Gemeinden gemeinschaftlich sinnstiftend aktiv werden können, um sich in ihrer Lebenswelt wohl zu fühlen.

    Die unter Brauch- und Heimatpflege zu erfassenden Projekte, Maßnahmen, Aktivitäten bzw. Initiativen sind äußerst vielfältig. Das Spektrum reicht von der Beschäftigung mit Trachten, Mundart, Gesang, regionalen Speisen und Getränken, Lokal- und Regionalgeschichte, Industrie- und Baukultur über die Vorbereitung von Dorffesten bis zum Umweltschutz und soziokulturellen Projekten.

    4) Welche Akteure der Brauchtums- und Heimatpflege gibt es nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen und wie sind diese aktiv?

    Der offene Kulturbegriff umfasst ein großes Spektrum an Aktivitäten der Brauch- und Heimatpflege. Darunter fallen beispielsweise Geschichtsvereine, Heimatstuben, Trachten- und Gesangsvereine, Denkmalschützer, Ortschronisten, Feuerwehr-, Sport-, Dorf-, Kirmes- und Faschingsvereine, aber auch die Vereine, die sich mit der Bereitung von traditionellen Speisen und Getränken befassen sowie Vereine und Initiativen im Bereich des Naturschutzes und andere. Die meist lokalen Akteure agieren nur teilweise in formellen Organisationsstrukturen.

    Die regionale und überregionale Vernetzung und Unterstützung erfolgt zum Beispiel über die Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen, den Heimatbund Thüringen e. V. sowie ggf. durch spezifische Dachorganisationen auf Landesebene.

    Wichtige Partner sind die Kreisheimatpfleger und ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger. Das Netzwerk Kreisheimatpflege umfasst die Struktur der berufenen Kreisheimatpfleger (oder Personen mit entsprechenden Aufgabengebieten), welche wiederum die Vereine, Heimatpfleger und Ortschronisten in ihren jeweiligen Landkreisen betreuen. Die vom Netzwerk durchgeführten Tagungen und Veranstaltungen haben das Ziel, die Heimatpflege zu stärken und zu unterstützen. Weitere Ansprechpartner finden sich in den Kommunen und Landkreisen.

    5) Welche dieser Akteure bzw. Projekte besitzen nach Kenntnis der Landesregierung eine Bedeutung mit überregionaler, nationaler oder gar weltweiter Ausstrahlung und warum?

    Die nationale und internationale Sichtbarkeit von Kulturformen ist über die Eintragung in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes möglich (nach dem Übereinkommen der UNESCO zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes). Aus Thüringen befinden sich auf dem bundesweiten Verzeichnis derzeit:

    • Skatspielen aus Altenburg
    • der Eisenacher Sommergewinn
    • die Heiligenstädter Palmsonntagsprozession
    • die Herstellung des mundgeblasenen Christbaumschmucks aus Lauscha

    Ab Frühjahr 2022 wird es auch ein Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Thüringen geben, womit die Sichtbarkeit der vielseitigen Kulturformen auf der Ebene des Freistaates erhöht werden soll.

    Aktivitäten der Brauch- und Heimatpflege finden jedoch überwiegend lokal statt. Der Anspruch der Akteure besteht in der Regel darin, sich für ihren Ort und die Region zu engagieren.

    Einzelne Veranstaltungen in Thüringen haben überregionale Ausstrahlungen wie das 2023 in Gotha geplante europäische Folklorefestival Europeade und das regelmäßig in Erfurt stattfindende internationale Folklorefestival DANETZARE. Der Deutsche Trachtenverband hat seinen Sitz in Wechmar.

    Das jährlich stattfindende Bratwurstspektakel „Rostkultur, Thüringen glüht auf“ zieht überregional Besucher und Besucherrinnen an. Einige Mitglieder des veranstaltenden Vereins kommen aus den USA und anderen Ländern.

    6) Welche konkreten Auswirkungen auf Akteure und Projekte der Brauchtums- und Heimatpflege sind im Kontext der Coronapandemie festzustellen?

    Durch die Pandemie konnten Projekte im Bereich Veranstaltung, Ausstellung und Pädagogik mit direktem Kontakt zum Nutzer nicht durchgeführt werden. Die interne Vereinsarbeit und die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wurde erschwert, da persönliche Treffen nicht oder nur eingeschränkt möglich waren.

    Durch die im Zusammenhang mit der Pandemie zusätzlich bereitgestellten Fördermittel war es Akteuren und Initiativen jedoch möglich, besonders im Bereich Digitalisierung kontaktlose Angebote und Veranstaltungen zu entwickeln und durchzuführen. Außerdem wurde die Zeit genutzt, um neue Präsenzveranstaltungen und Projekte zu planen.

    7) Wie schätzt die Landesregierung das Interesse der Thüringer Bevölkerung an der Brauchtums- und Heimatpflege ein? Gibt es Unterschiede gegenüber anderen Bundesländern? Wenn ja, welche und warum?

    Das Interesse der thüringischen Bevölkerung ist besonders auf lokaler und regionaler Ebene groß, wie die vielen Vereine, Initiativen, Projekte und Akteure, die sich mit Brauch- und Heimatpflege beschäftigen, zeigen.

    Um konkrete Unterschiede zu anderen Bundesländern festzustellen, fehlen die wissenschaftlichen Untersuchungen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass in Bundesländern auf dem Gebiet der ehemaligen DDR viele Vereine auf eine weniger lange oder unterbrochene Tradition zurückblicken, da erst nach 1989 Vereinsgründungen im heutigen Sinne möglich waren.

    Damals kam es allerdings zu einer regelrechten Welle an Wieder- oder Neugründungen von Vereinen. Diese haben heute aufgrund einer überalterten Mitgliederstruktur oft Nachwuchsprobleme.

    8) Liegt der Landesregierung eine Gesamtübersicht über Projekte und Initiativen der Brauchtums- und Heimatpflege vor? Falls ja, welche? Falls nicht, ist sie daran interessiert? Und falls sie daran interessiert ist, warum wurde bislang nichts unternommen, diese zu erstellen? Warum werden die Projekte und Initiativen nicht bei den Kommunen abgefragt?

    Eine Gesamtübersicht der Projekte und Initiativen liegt nicht vor. Für eine statistische Erhebung gibt es keine Rechtsgrundlage. Eine Abfrage auf freiwilliger Basis und deren regelmäßige Aktualisierung wäre mit erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden und der Nutzen der Angaben für die Landesregierung nur begrenzt.

    9) Wie viele und welche Heimatstuben und –museen gibt es, nach Kenntnis der Landesregierung, in Thüringen, die sich mit Brauchtums- und Heimatpflege beschäftigen?

    Heimatstuben und –museen sind in der Regel ehrenamtliche Ausstellungsinitiativen in ländlichen Gebieten mit überwiegend lokalen bzw. regionalen Sammlungsschwerpunkten und Aktionsradius, die sich nicht an den Standards des Deutschen Museumsbundes und des Internationalen Museumsrats ICOM orientieren. 

    Der Landesregierung liegen keine Angaben über die Gesamtzahl der Heimatstuben und –museen in Thüringen vor. Teilweise gibt es Erhebungen auf Ebene der Kreise. Im Saale-Holzland-Kreis wurden 25 und im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt 36 ehrenamtliche Heimatstuben und –museen gezählt und eine Broschüre des Wartburgkreises aus dem Jahr 2020 weist 35 derartige ehrenamtlich geführte Einrichtungen aus.

    10) Welche Heimatstuben bzw. –museen werden durch das Land in welcher Höhe gefördert? Welche werden durch die Kommunen bzw. Landkreise in welcher Höhe unterstützt?

    Ein Schwerpunkt der vom Land finanzierten Volkskundlichen Beratungs- und Dokumentationsstelle ist die Beratung von (ehrenamtlichen) Ausstellungsinitiativen (Heimatstuben bzw. –museen) mit dem Ziel, ihnen fachliches und wissenschaftliches Knowhow zu vermitteln und sie kompetent bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Bezüglich der (ehrenamtlichen) Ausstellungsinitiativen ist es wichtig, sie vor allem als soziokulturelle Ankerpunkte für die ländlichen Räume zu verstehen und dementsprechend zu unterstützen. Neben der eigentlichen Beratungstätigkeit werden die Akteure untereinander vernetzt und bei Bedarf auch Kontakt zu anderen Fachleuten, Institutionen und potentiellen Fördermittelgebern hergestellt.

    Zur Unterstützung der Brauch- und Heimatpflege im ländlichen Raum wird vom Freistaat der Thüringer Landfrauenverband gefördert.

    Einzelne Heimatstuben und –museen werden als ehrenamtliche Ausstellungsinitiativen nicht vom Freistaat institutionell gefördert. Teilweise werden Projekte von Heimatstuben und –museen durch das LEADER Programm sowie aus Mitteln zur Dorferneuerung im Bereich des Thüringer Ministeriums für In-frastruktur und Landwirtschaft gefördert, so zum Beispiel das Schieferdorfmuseum  Lehesten, die Heimatstube Leubingen und das Heimatmuseum Tonna.

    Eine Übersicht über die Unterstützung durch die Kommunen und Landkreise für Heimatstuben bzw. –museen liegt der Landesregierung nicht vor.

    Mit freundlichen Grüßen

    Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff

in Trachten feiernde Menschen auf Festwagen
  • In Thüringen sind vielfältige Traditionen lebendig. Sie werden von einer Vielzahl von Vereinen und engagierten Einzelpersonen gepflegt. Als Anlaufpunkt für fachliche Fragen steht die Volkskundliche Beratungsstelle Thüringen zur Verfügung.

    Die Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle nimmt wesentliche Aufgaben zur Förderung identitätsstiftender kultureller Aktivitäten im Freistaat wahr und verbindet volkskundliches Forschen mit Kulturvermittlung. Dazu gehört auch die Dokumentation gegenwärtiger und überkommener Zeugnisse der Alltags- und der Festkulturen Thüringens, die Erschließung von Quellen und die Sicherung von Nachlässen.

    Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle

    Frau Dr. Stückrad
    Im Dorfe 63
    99448 Hohenfelden

    Telefon: 036450 831-112
    E-Mail: beratung@freilichtmuseum-hohenfelden.de


    Das Spektrum der Heimatpflege ist sehr umfangreich und erstreckt sich über die Denkmalpflege, den Umweltschutz, die Regional- und Landesgeschichte, die Alltags- und Festkultur bis hin zum Gedenken an Einzelpersönlichkeiten. Dementsprechend vielfältig sind die Organisationen, von denen wertvolle Impulse zur Heimatpflege ausgehen. 

    Fragen der Heimatpflege in ihrer ganzen Breite stoßen bei einer großen Zahl von Bürgern auf eine hohe Bereitschaft zur ehrenamtlichen Arbeit. Dieses bürgerschaftliche Engagement ist für Identität und Heimatbewusstsein von hohem Wert. Mit der Initiative zur Bestellung von Kreisheimatpflegern hat der Thüringer Heimatbund einen beachtenswerten Vorschlag zur Institutionalisierung der Heimatpflege unterbreitet. Das Land begrüßt diese Initiative ausdrücklich und empfiehlt den Landkreisen und kreisfreien Städten die Berufung von Kreisheimatpflegern. Eine solche Berufung bietet die Chance für eine bessere Vernetzung der unzähligen auf diesem Gebiet ehrenamtlich tätigen Bürger. In einer amtlichen Bestellung als Heimatpfleger sieht das Land zugleich eine wichtige Form der Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements.

    Das Land unterstützt die Bemühungen des Heimatbundes Thüringen zur Schaffung eines "Netzwerkes Heimatpflege". So soll zum Beispiel die Volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen am Museum für Thüringer Volkskunde Erfurt als wichtiger Anlaufpunkt für die Aus- und Weiterbildung der Heimatpfleger weiterentwickelt werden. Die enge Zusammenarbeit mit dem Bereich Volkskunde/Kulturgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena gewährleistet dafür eine wissenschaftlich fundierte Basis.

Museumsperspektive 2025

Museen leisten einen unersetzbaren Beitrag für die Thüringer  Kulturlandschaft. Sie bewahren  Geschichte, sind Anziehungspunkte  für  Gäste, Orte  der  Bildung  und  der Forschung und eröffnen Räume für unterschiedliche kulturelle Aktivitäten. Zum ersten Mal seit der Wiedergründung des Freistaates haben wir mit der Museumsperspektive 2025 einen genauen Blick auf die Situation an den Museen geworfen und  strategische Schlussfolgerungen für die kommenden Jahre gezogen.

Ein Ergebnis der Erhebungen: Die Museen in Thüringen haben in den vergangenen rund drei Jahrzehnten sehr erfolgreich gearbeitet. Die Vorgänge um Restitutionsfragen wurden gut bewältigt. Kein Museum wurde geschlossen. Museen haben sich neu gegründet und das Spektrum ist sogar erweitert worden. Viele – auch kleine – Museen leisten Beachtliches, bieten spannende Sonderausstellungen, verknüpfen sich in der Region und arbeiten intensiv daran, „ihre“ Schätze einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

#Museumsperspektive2025

Stiftungsrat Thüringer Schlösser und Gärten fasst Beschluss zur Gründung einer Kulturstiftung Mitteldeutsche Schlösser

Der Stiftungsrat der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten hat in einer Sitzung den Stand der Gespräche zwischen dem Bund und den beiden Ländern Sachsen-Anhalt und Thüringen über die Bildung einer länderübergreifenden Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten sowie den Schlussfolgerungen für die Thüringer Schlösser-Stiftung erörtert.

Er fasste nach ausführlicher Beratung folgenden Beschluss:

  • Stiftungsratssitzung der „Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten“ am 29.05.2019 in Molsdorf

    Tagesordnungspunkt 4

    Errichtung einer Kulturstiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten (KMSG)

    Der Stiftungsrat der „Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten“ fasst folgenden Beschlüsse:

    1. Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten hat nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung der “Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten” vom 10. März 1994 den Zweck und die Aufgabe, „die kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaften, insbesondere in Bezug auf ihre historische, kunsthistorische, denkmalpflegerische und landschaftsprägende Bedeutung, zu verwalten. Hierzu gehört es insbesondere, die Liegenschaften baulich zu betreuen sowie sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder einer ihrer Bedeutung gerecht werdenden Nutzung zuzuführen.“

    Der Stiftungsrat stellt fest, dass die Stiftung dieser Aufgabe seit 1994 insbesondere durch die Umsetzung von mehr als 230 Mio. EUR Investitionsmitteln in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften aber auch durch intensive flankierende kulturelle, vermittelnde und wissenschaftliche Aktivitäten gerecht wurde.

    2. Der Stiftungsrat stellt fest, dass nach Berechnungen der Stiftung, die im Auftrag des Stiftungsrates vorgenommen wurden, eine erhebliche Lücke zwischen den der Stiftung zur Verfügung stehenden Investitionsmitteln und dem Investitionsbedarf in die der Stiftung zugeordneten Liegenschaften besteht.

    Vor diesem Hintergrund begrüßt der Stiftungsrat sowohl die Entscheidung des Deutschen Bundestages, ein Sonderinvestitionsprogramm I im Volumen von je 100 Mio. EUR für Thüringen und Sachsen-Anhalt unter der Maßgabe der Ko-Finanzierung durch die beiden Länder in gleichem Umfang aufzulegen, als auch die Entscheidung der Thüringer Landesregierung, im Entwurf des Landeshaushalt 2020 eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung vorzusehen.

    In Verbindung mit den vom Land bereitgestellten und um weitere Fördermittel ergänzten jährlichen Beträgen für die Investitionstätigkeit der STSG sowie der für die Sanierung von Schloss Friedenstein abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarung Thüringens mit dem Bund auf der einen Seite und der ebenfalls vom Bund, mit dem Freistaat sowie dem Landkreis Altenburg getragenen Sanierungsvereinbarung für das Lindenau Museum Altenburg gelingt es auf diesem Weg, einen seit 1990 einmaligen Sanierungsfortschritt dieser kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaften zu erreichen.

    3. Der Stiftungsrat nimmt zur Kenntnis, dass der Deutsche Bundestag das Sonderinvestitionsprogramm I an die zusätzliche Maßgabe geknüpft hat, dass die Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt eine gemeinsame Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten gründen.

    Der Stiftungsrat weist darauf hin, dass diese Festlegung nicht alternativlos gewesen ist.

    Vielmehr könnten die Investitionsmittel des Bundes auch der Kulturstiftung Sachsen-An-halt (KST) und der STSG zur Umsetzung der landesspezifischen Investitionen zur Verfü-gung gestellt werden.

    Ebenso käme die Bildung einer schlanken Förderstiftung, die als gemeinsames Dach der beiden Länderstiftungen zur Umsetzung des Sonderinvestitionsprogramms I und gegebenenfalls nachfolgender Sonderinvestitionsprogramme dient, in Frage.

    Mit Bedauern nimmt der Stiftungsrat zur Kenntnis, dass der Bundesgesetzgeber beide Optionen nicht weiter verfolgt.

    4.Vielmehr muss der Stiftungsrat feststellen, dass der Bundesgesetzgeber eine auf Dauer angelegte Stiftung beider Länder und des Bundes präferiert.

    Diese noch zu errichtende länderübergreifende und vom Bund mitgetragene Stiftung soll ein – verglichen mit dem im Errichtungsgesetz der STSG festgelegten Stiftungszweck – weitergehendes Aufgabenspektrum wahrnehmen. Sie soll die ihr zum Eigentum oder zur unentgeltlichen Nutzung übertragenen Liegenschaften sowie beweglichen Kunst- und Kulturgüter unter Berücksichtigung ihrer historischen und kirchenhistorischen, kunst- und gartenhistorischen sowie landschaftsprägenden Bedeutung und ihrer denkmalpflegerischen Belange erhalten, bewahren, verwalten und pflegen, ihr Inventar ergänzen, der Öffentlichkeit zugänglich machen und die Erforschung dieses Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit insbesondere in Wissenschaft und Bildung ermöglichen.

    Die in die Stiftung eingebrachten beweglichen Kunst- und Kulturgüter sind in ihrem Bestand zu erhalten, zu erschließen und zu erforschen, zu präsentieren und einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Dabei verbleiben die Kunst- und Kulturgüter grundsätzlich in den kommunalen Gebietskörperschaften, die sie eingebracht haben, soweit sie nicht für Ausstellungs- oder Restaurierungszwecke ausgeliehen werden. Im Übrigen gelten die jeweiligen Bestimmungen der vertraglichen Regelungen zwischen dem Freistaat Thüringen und den bisherigen Eigentümern und Rechtsträgern der eingebrachten beweglichen Kunst- und Kulturgüter.

    Für diesen Zweck soll die zu errichtende Stiftung, die den Namen „Kulturstiftung Mittel-deutschland Schlösser und Gärten“ (KMSG) tragen soll, über die zunächst nur einmalig bereitgestellten Mittel des Sonderinvestitionsprogramms I hinausgehend, dauerhaft Betriebsmittel durch den Bund erhalten. Diese Mittel sollen ihrerseits durch die beiden Trägerländer kofinanziert werden.

    Der Stiftungsrat weist kritisch darauf hin, dass derart detaillierte Maßgaben des Bundes tief in die Kulturhoheit der Länder eingreifen. Er befürchtet, dass dieses Modell künftig Schule machen könnte.

    5. Der Stiftungsrat stellt fest, dass die im Errichtungsgesetz formulierte Zielstellung, die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten solle „die kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaften“ des Freistaates verwalten, stets nur limitiert erfüllt werden konnte.

    Kulturhistorisch bedeutsame Liegenschaften wie z.B. die Residenzschlösser in Meiningen und Altenburg oder Stadtschlösser wie in Eisenach wurden von den Eigentümern nicht in die Stiftung eingebracht, bildeten wie die Wartburg den Gegenstand einer anderen Stiftung bzw. wurden wie das Stadtschloss Weimar im Rahmen eines – seitens der STSG seinerzeit nicht unkritisch begleiteten – Liegenschaftstauschs der Klassik Stiftung Weimar (KSW) zugeordnet.

    6. Der Stiftungsrat teilt die Auffassung des Sachverständigen Beirats, dass ein Gesamtkonzept für die Schlösser in Thüringen, sowohl in inhaltlich-fachlicher, kulturpolitischer, denkmalpflegerischer und didaktischer Hinsicht wünschenswert ist.

    Er stellt jedoch fest, dass die STSG aufgrund der vorstehend beschriebenen vielfältigen Trägerstruktur, bestehend aus der STSG, der KSW, der Wartburg-Stiftung sowie kommunalen und privaten Trägern, diese Aufgabe nur für die ihr übertragenen Liegenschaften erfüllen konnte.

    Eine Institution, die für alle bedeutenden Monumente der Landesgeschichte zuständig ist, besteht in Thüringen bislang nicht.

    Er stellt darüber hinaus fest, dass die STSG durch die in ihrem Errichtungsgesetz festgelegte Zweckbestimmung daran gehindert ist, Träger von Museen in den von ihr verwalteten Liegenschaften zu sein. Die Aufgaben des Sammelns, Bewahrens, Forschens und Vermittelns der beweglichen Kunst- und Kulturgüter in den Schlössern oblagen und ob-liegen den Museen in unterschiedlicher Trägerschaft.

    7. Der Stiftungsrat nimmt die vom Sachverständigen Beirat geäußerte Befürchtung der Herausbildung von Schlössern „erster“ und „zweiter“ Klasse ernst.

    Er stellt gleichzeitig fest, dass die derzeitige Landesregierung sich der Situation der Thüringer Schlösser, Gärten, Burgen, Klöster ernsthaft mit dem Ziel der Verbesserung angenommen hat. Denn diese sind, wie der Sachverständige Beirat zutreffend feststellt, als Kunstwerke nicht nur Teil des europäischen Netzes historischer Monumente, sie bieten zudem die einmalige Möglichkeit, die Erzählung der Landesgeschichte unmittelbar erleb-bar zu machen. Sie sind gleichermaßen Orte der Identifikation wie der kulturellen Bildung.

    Der Stiftungsrat stellt fest, dass die Landesregierung eine Übersicht über denkmalgefährdete Schlösser in Thüringen erstellt hat und diese dafür genutzt hat, das öffentliche Bewusstsein für diese Kulturdenkmäler und ihren Schutz zu schärfen. Diese Übersicht wird fortgeschrieben. Die Landesregierung hat darüber hinaus die Enteignung der Eigentümer von Schloss und Park Reinhardsbrunn erfolgreich durchgeführt und damit einen wichtigen Beitrag für den Denkmalschutz geleistet. Über die Mittel der Staatskanzlei hinaus wurden insbesondere durch das Infrastrukturministerium Förderprogramme des Städtebaus und der ländlichen Entwicklung genutzt, um Nutzungskonzepte für entsprechende Liegenschaften und Baumaßnahmen an diesen zu unterstützen und allein dadurch in den Jahren 2015 bis 2018 mehr als 14 Mio. EUR bereitgestellt. Auf die Finanzierungsvereinbarungen für Schloss Friedenstein und das Lindenau-Museum Alten-burg wurde bereits hingewiesen.

    Durch diese Maßnahmen wurde dazu beigetragen, die ungleichen Rahmenbedingungen für die Schlösser und vergleichbaren Kulturdenkmäler innerhalb des Freistaates zumindest ein Stück weit einzuebnen.

    8. Obwohl der Sachverständige Beirat feststellt, dass der Freistaat die Stiftung seit ihrer Gründung sowohl personell als auch finanziell so ausgestattet hat, dass sie ihre Aufgabe in vielfältiger und sehr erfolgreicher Weise angehen konnte, bestehen signifikante Unter-schiede zwischen dem Zustand, der Nutzung und öffentlichen Wahrnehmung von Schlössern wie der Heidecksburg, Schloss Friedenstein, der Schwarzburg, Schloss Wil-helmstal oder Schloss Molsdorf.

    Insofern nimmt der Stiftungsrat mit Bedauern zur Kenntnis, dass trotz vieler Bemühungen innerhalb der STSG die Liegenschaften in diesem Sinne nicht immer gleich behandelt werden konnten.

    Aus vorgenannten Gründen ist nach Auffassung des Stiftungsrates im Hinblick auf die Errichtung der Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Schlössern, Gärten, Burgen und Klöstern in Thüringen zu vermeiden.

    9. Der Stiftungsrat nimmt zur Kenntnis, dass die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen derzeit den Entwurf eines Staatsvertrags für die Errichtung der Kulturstiftung Mittel-deutschland Schlösser und Gärten erörtern, der den Übergang folgender Liegenschaften der STSG über den Weg des Erbbaurechtsvertrags in die KMSG vorsieht:

    - Schloss- und Park Friedenstein Gotha

    - Schlosskomplex Sondershausen einschl. Fürstengruft

    - Veste Heldburg

    - Schlosskomplex Heidecksburg

    - Schloss Schwarzburg

    - Klosterruine Paulinzella.

    Er nimmt zur Kenntnis, dass durch die Bundesregierung oder den Deutschen Bundestag bislang kein Beschluss gefasst wurde, für die zu errichtenden KMSG dauer-haft anteilige Betriebskosten in den Bundeshaushalt einzustellen.

    Er nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass die Festlegung eines Staatsvertrags, der Ab-schluss einer Finanzierungsvereinbarung und die damit verbundenen legislativen Maßnahmen noch in diesem Jahr vorbereitet und soweit möglich bereits vorgenommen werden sollen.

    10. Der Stiftungsrat nimmt die vom Sachverständigen Beirat sowie dem Personalrat der STSG vorgetragenen Bedenken hinsichtlich eines Übergangs von Liegenschaften der STSG in die zu errichtende KMSG, ohne die STSG mit der KST in der KMSG zusammenzuführen, zur Kenntnis und dankt für die darin enthaltenen Anregungen. Er bittet den Stiftungsratsvorsitzenden sowie die im Stiftungsrat vertretenen Ressorts der Landesregierung, diese Bedenken und Anregungen im legislativen Prozess zu berück-sichtigen.

    Er äußert die Erwartung, dass im legislativen Prozess die Vor- und Nachteile sowie zu erwartenden Wirkungen insbesondere folgender Modelle geprüft und vom Stiftungsratsvorsitzenden dem Stiftungsrat in seiner nächsten Sitzung dargelegt werden:

    - Auflösung der STSG durch Integration in die KMSG

    - Übergang der STSG in die KMSG als unselbständige Stiftung

    - Aufrechterhaltung der STSG bei Übergang der genannten Liegenschaften und anteiligem Personal der STSG in die KMSG.

    Der Sachverständige Beirat wird gebeten, ebenfalls eine Stellungnahme zu den drei möglichen Modellen abzugeben.

    11. Der Stiftungsrat stellt, unabhängig von der im legislativen Prozess vorzunehmenden Abwägung, fest, dass der Übergang der oben genannten sechs Liegenschaften der STSG in die zu errichtende KMSG eine wesentliche Änderung des Liegenschaftsbestandes der STSG zur Folge hat.

    Er ist – anders als der Sachverständige Beirat – der Auffassung, dass die STSG auch bei einem über den Weg des Erbbaurechts vorgenommenen Liegenschaftsüber-gangs in die KMSG im genannten Umfang, über herausragende Liegenschaften verfügen würde, die das historische Erbe des Freistaates repräsentieren. Dazu zählen insbesondere die Dornburger Schlösser, die Runneburg, Schloss und Park Altenstein, die Bertholdsburg und Burg Ranis, das Sommerpalais und der Fürstliche Greizer Park sowie die Klosterkirche St. Peter und Paul auf dem Petersberg Erfurt.

    Gerade deshalb äußert er für den Fall des Übergangs von Liegenschaften der STSG in die zu errichtende KMSG über den Weg des Erbbaurechtsvertrags die Erwartung einer mittelfristig spürbaren Verbesserung der Situation der verbleibenden Liegenschaften in der STSG.

    Er äußert ebenfalls die Erwartung, dass für den Fall der Erhaltung der STSG als ei-genständige Stiftung, das Errichtungsgesetz so angepasst wird, dass im Sinne der unter anderem vom Sachverständigen Beirat vorgtragenen Anregungen, Betrieb, Restaurierung, baulicher Erhalt, Vermittlung und touristische Vermarktung besser als bislang zusammenwirken können.

    12. Der Stiftungsrat bittet die Landesregierung, zügig Einvernehmen mit dem Land Sachsen-Anhalt und dem Bund über die vorgesehene Errichtung der KMSG herzustellen.

    Der Stiftungsrat beauftragt die Direktorin der Stiftung sowie den Verwaltungsleiter, die Errichtung der KMSG personell durch aktive Mitarbeit in den dafür geschaffenen Arbeitsgremien beider Länder und des Bundes sowie der Projektgruppe in der Thüringer Staatskanzlei auf Basis dieses Beschlusses zu unterstützen.

    Der Stiftungsrat beschließt, aus dem Haushalt der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten für das Jahr 2019 einen Betrag in Höhe von bis zu 100.000 EUR für vorbereitende Maßnahmen zur Errichtung der KMSG bereitzustellen. Die Stiftung wird beauftragt, die notwendigen Anpassungen im Haushalt vorzunehmen und dem Stiftungsrat bis 15. Juni 2019 eine entsprechende Änderung des Haushaltsplans zur Beschluss-fassung vorzulegen.

    Der Stiftungsrat bittet den Vorsitzenden die Öffentlichkeit über die Beschlüsse des Stiftungsrats im Anschluss an die Sitzung zu informieren.

Redebeitrag in der Sonderplenarsitzung im Thüringer Landtag

von Staatssekretär Malte Krückels (stellvertretend für Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff) in der Sonderplenarsitzung im Thüringer Landtag am 05. Juni 2019

  • Anrede,    

    bevor ich die im Antrag der Fraktion der CDU gestellten Fragen namens der Landesregierung beantworte, erlauben Sie mir einige Vorbemerkungen:

    In der heutigen Sonderplenarsitzung reden wir über nicht mehr und nicht weniger als eine der größten Chancen zur Sanierung und Entwicklung unserer Burgen, Klöster, Schlösser und Gärten in Thüringen seit der Wiedergründung des Freistaates 1990.

    Wenn deshalb in Zeitungen die Überschrift zu lesen ist „Weiter Streit über Thüringens Schlösser und Gärten“, wenn Abgeordnete von Koalition und Opposition sich deshalb die Freundschaft aufkündigen wie es ebenfalls in der Zeitung stand, weil wir die Chance erhalten, 200 Mio. EUR mehr für den Erhalt unserer Kulturdenkmäler ausgeben zu können, dann läuft etwas in der Debatte schief.

    Die CDU kritisiert, dass wir als Landesregierung, dass die Staatskanzlei und namentlich der Kulturminister, den ich heute vertrete, über die Planungen für Thüringens Schlösser und Gärten nicht sprechen wollen.

    Ich kann Ihnen versichern, das Gegenteil ist der Fall. Und wer den Kulturminister kennt, der weiß, dass Schweigsamkeit nicht seine hervorstechende Eigenschaft ist. Im Gegenteil. Er wirbt für seine Ideen. Ihm ist Partizipation und transparenter Austausch wichtig.

    Umso mehr bedauert er, dass die CDU-Fraktion - obwohl bekannt war, dass der Kulturminister heute als Vater seines Sohnes gebraucht wird - nicht bereit war, diese Sondersitzung so durchzuführen, dass der Kulturminister selbst Rede und Antwort stehen kann. Wir müssen am Verständnis der Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglicherweise alle noch arbeiten.

    Weil der Kulturminister Partizipation als Bestandteil funktionierender Kulturpolitik nicht nur im Munde führt, sondern auch lebt, hat er - wie Sie, sehr geehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion - bereits im März dieses Jahres die Kollegen Kellner und Wirkner sowie den für Kultur zuständigen Referenten der CDU-Fraktion über das Schlösser-Sonderinvestitionsprogramm I, über die Prüfungen zur Bildung einer mitteldeutschen Schlösser-Stiftung informiert.

    Die CDU-Kollegen sind auf Basis dieser Informationen anschließend nach Sachsen-Anhalt gefahren, um sich von der Landesregierung Sachsen-Anhalt über die dortigen Planungen in Kenntnis setzen lassen. Der Kulturminister hatte angeboten, jederzeit in den für Kultur zuständigen Arbeitskreis der Thüringer CDU-Fraktion zu kommen oder auch der CDU-Fraktion in Gänze Bericht zu erstatten. So wie er dies in der vergangenen Woche bei der Fraktion der Grünen auf deren kurzfristigen Wunsch hin tat, ebenso bei der Linksfraktion.

    Von diesen Angeboten hat die CDU-Fraktion leider keinen Gebrauch gemacht. Ebenso wenig wurde zunächst der übermorgen tagende reguläre Ausschuss für Kultur des Landtages abgewartet, in dem der Minister regulär Bericht erstattet hätte.

    Der Kulturminister hat im Übrigen auch auf Bitten von Kommunen reagiert. Er war vor zwei Wochen in Altenburg und hat dort gegenüber den Mitgliedern von Stadtrat Altenburg und Kreistag Altenburger Land ausführlich Rede und Antwort gestanden, wie der Abgeordnete Zippel der CDU-Fraktion bestätigen kann, der an dieser Veranstaltung teilgenommen hat.

    Von mangelnder Informationsbereitschaft des Kulturministers kann also keine Rede sein.

    Allein der Umstand, dass auf Bundesebene zwischen der für Kultur zuständigen Staatsministerin im Kanzleramt und dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, namentlich der Regierungsfraktionen, für die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen wesentliche Fragen noch nicht abschließend geklärt sind, führt dazu, dass der Kulturminister schlichtweg noch nicht in der Lage war zu kommunzieren , wie er es möchte und es dem Sachverhalt angemessen ist.

    Wenn der Thüringer Landtag in seinen Plenarsitzungen der kommenden Woche den Landeshaushalt 2020 beschließt - dessen Verfassungskonformität die CDU bekanntlich anzweifelt - dann verpflichtet sich der Freistaat Thüringen zur Ko-Finanzierung von 100 Mio. EUR, also 50% des Gesamtbetrages, für die Sanierung von Schlössern, Klöstern und Burgen Thüringens . Die CDU-Fraktion möchte diese Verpflichtungen offenbar derzeit nicht eingehen und sowohl den Bund als auch die Schlösser in Unklarheit halten, ob die Bundesmittel in Anspruch genommen werden können oder nicht.

    Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass in den vergangenen 25 Jahren für die Liegenschaften der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten insgesamt ganze 230 Mio. EUR verwendet wurden, erschließt sich die Dimension für den Thüringer Denkmalschutz.

    Wir können in den kommenden Jahren die Investitionen für Schlösser und Gärten des vergangenen Vierteljahrhunderts verdoppeln.

    Darüber hinaus hat die Landesregierung

    • mit der Finanzierungsvereinbarung mit dem Bund über die Sanierung von Schloss Friedenstein im Umfang von 60 Mio. EUR,
    • die Finanzierungsvereinbarung zur Sanierung des Lindenau Museums im Volumen von 48 Mio. EUR sowie
    • den Landesanteil am Sonderinvestitionsprogramm der Klassik Stiftung Weimar im Umfang von 40 Mio. EUR für das Stadtschloss Weimar

    ein Volumen von weiteren 158 Mio. EUR für die Sanierung von Schlössern ermöglicht.

    Zudem hat diese Landesregierung mit der erfolgreichen Enteignung der verantwortungslosen Eigentümer von Schloss Reinhardsbrunn ein Zeichen gesetzt, dass Denkmalschutz auch unbequeme Mittel und Wege nicht scheut. Allein daran wird deutlich, wie wichtig dieser Landesregierung die Schlösser, Gärten, Burgen, Klöster als Zeugnisse unserer Landesgeschichte und Identität sind. Wir wollen diese Zeugnisse bewahren, sie entwickeln, ihnen Zukunft geben.

    Wer angesichts dessen vom „Ausverkauf Thüringer Kulturgüter“ fabuliert, handelt verantwortungslos. [Erhaltung + Instandsetzung + Zukunftsperspektive]. Gerade weil die Schlösser und Gärten vom Engagement vieler Ehrenamtlicher leben, weil Menschen sich mit diesen Zeugnissen unserer Landesgeschichte intensiv befassen, ist diese Art der Angstmacherei – bei allem Verständnis für Wahlkampf, – verantwortungslos.

    Lassen Sie mich nunmehr zum Bericht kommen.

    Zu I. Bericht über den aktuellen Planungs- und Verhandlungsstand im Zusammenhang mit der geplanten Gründung einer "Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten".

    In diesem Zusammenhang gehe ich auf die Frage 1. ein: „welches Stiftungsmodell beziehungsweise -konstrukt die Landesregierung favorisiert und in welchem gesetzlichen Rahmen dieses umgesetzt werden soll“

     

    Vor 25 Jahren wurde die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) gegründet. Ihre Arbeit ist eine Erfolgsgeschichte. Schon deshalb, weil die damals bei der Gründung im Errichtungsgesetz vorgesehenen 15 Mio. DM jährlicher Finanzbedarf angesichts der seitdem sich vollziehenden Preisentwicklung zu knapp bemessen waren und sind. Es bestand und besteht die Notwendigkeit der Anpassung. Dem wurde durch vielfältige Entscheidungen, u.a im aktuellen Haushalt zur Finanzierung der Baumaßnahme in der Kirche St. Peter und Paul auf dem Petersberg seitens der Koalitionsfraktionen Rechnung getragen.

    Wie bereits ausgeführt hat die Stiftung seit ihrem Bestehen mehr als 230 Mio. EUR für die ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften investiert. Sie wurde ihrer Aufgabe zudem durch intensive flankierende kulturelle, vermittelnde und wissenschaftliche Aktivitäten gerecht.

    Dennoch besteht eine erhebliche Lücke zwischen den der Stiftung zur Verfügung stehenden Investitionsmitteln und dem Investitionsbedarf in die der Stiftung zugeordneten Liegenschaften für die kommenden Jahre. Der Stiftungsrat hat deshalb einen Investitionsbedarfsplan aufstellen lassen, der Investitionserfordernisse in einem dreistelligen Millionenvolumen ermittelte.

    Das Sonderinvestitionsprogramm I für die mitteldeutschen Schlösser und Gärten schafft hier den Raum für spürbare Entlastungen und Sanierungsfortschritte. Aber es löst bei weitem nicht alle Probleme.

    Wenn wir sehen, dass allein die Sanierung von Schloss Friedenstein 60 Mio. EUR kostet und die Sanierung des Stadtschlosses Weimar wohl deutlich mehr als die bisher vorgesehenen 40 Mio. EUR kosten wird, ist klar, dass mit  200 Mio. EUR nicht alle Schlösser, Burgen und Gärten vollumfänglich saniert werden können.

    Wir sprechen deshalb immer bewusst vom Sonderinvestitionsprogramm I, dem ein SIP II und III folgen sollen.

    Der Deutsche Bundestag hat das Sonderinvestitionsprogramm I gemäß Haushaltsbeschluss an die Maßgabe geknüpft, dass die Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt eine gemeinsame „Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten“ gründen.

    Diese Vorgabe des Bundestages ist nicht auf Wunsch der Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen entstanden, die aufgrund der bestehenden Landesstiftungen schlanke Finanzierungswege aufgezeigt hatten. Und zwar entweder die Zurverfügungstellung der Investitionsmittel des Bundes für kulturelle Investitionen, an die Stiftung Thüringer Schlösse rund Gärten und die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt oder die Bildung einer schlanken Förderstiftung, die als gemeinsames Dach der beiden Länderstiftungen zur Umsetzung des Sonderinvestitionsprogramms I und gegebenenfalls nachfolgender Sonderinvestitionsprogramme dient.

    Beide Optionen wurden vom Bundesgesetzgeber in den Abstimmungsgesprächen abgelehnt. Vielmehr präferiert dieser eine auf Dauer angelegte öffentlich-rechtliche Stiftung beider Länder. Dies entspricht auch dem Beschluss des Haushaltsausschusses, der eine Einbringung von Objekten in eine neue Stiftung vorsieht.

    Kulturhoheit versus „Goldene Zügel des Bundes“

    Wir können nun in eine längere Diskussion über das Verhältnis von Kulturhoheit der Länder einerseits und den Goldenen Zügeln des Bundes andererseits eintreten. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann hat dazu in der Debatte des Bundesrates über den Digitalpakt sehr klare Worte gefunden, denen sich auch der Ministerpräsident unseres Landes in einzelnen Aspekten angeschlossen hat.

    In der Abwägung zwischen den Sanierungserfordernissen der Schlösser und Gärten einerseits und dem Beharren auf unserer Kulturhoheit andererseits haben wir uns letztlich dem Angebot des Bundes angeschlossen. Gut 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es uns wichtig, spürbare Sanierungsfortschritte in den Kulturdenkmälern zu erreichen.

    Angesichts der sehr detaillierten Vorgaben des Bundesgesetzgebers und seiner Repräsentanten ist es uns dennoch ein Anliegen, unseren eigenen Thüringer Weg zu beschreiten. Ich werde darauf eingehen.

    Diese noch zu errichtende länderübergreifende und vom Bund mitgetragene Stiftung, die den Namen „Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten“ tragen soll, wird ein – verglichen mit der Thüringer Schlösser Stiftung – weitergehendes Aufgabenspektrum wahrnehmen. Sie soll die Liegenschaften sowie beweglichen Kunst- und Kulturgüter unter Berücksichtigung ihrer historischen und kirchenhistorischen, kunst- und gartenhistorischen sowie landschaftsprägenden Bedeutung und ihrer denkmalpflegerischen Belange erhalten, bewahren, verwalten und pflegen.

    Das heißt, dass die mitteldeutsche Stiftung – anders als die Thüringer Schlösser Stiftung – nicht nur die ihr übertragenen Liegenschaften verwalten soll, sondern dass die Stiftung selbst Träger von Museen werden kann. Das ist gesetzlich für die Thüringer Schlösserstiftung derzeit nicht möglich – obwohl wir es für wünschenswert halten.

    Zu Frage 3. Welche zeitlichen Abläufe bei der beabsichtigten Stiftungsgründung zu berücksichtigen und welche Akteure bei den Verhandlungen involviert sind

    [Staatsvertrag und Finanzierungsvereinbarung]

    Die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen erarbeiten derzeit sowohl die Finanzierungsvereinbarung als auch den Staatsvertrag für die Gründung dieser Stiftung. Hierzu finden Beratungen zwischen den Ländern und Abstimmungen mit dem Bund statt. Es wurde ein länderübergreifender Lenkungsausschuss gebildet, der die notwendigen Fragen thematisiert. Erst am Montag dieser Woche fand eine entsprechende Besprechung zum Entwurf des Staatsvertrags statt. Nach grundsätzlicher Verständigung soll dieser durch die Ressortbeteiligung, erneute Abstimmung mit Sachsen-Anhalt und dann als Kabinettvorlage beschlossen werden, um anschließend – wie jeder Staatsvertrag – im Landtag behandelt zu werden.

    Die von den Ländern zu treffende Festlegung eines Staatsvertrags, der Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung der Länder mit dem Bund und die damit verbundenen legislativen Maßnahmen, wie die Unterrichtung des Landtags über den Staatsvertrag oder das Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag, welches dem Landtag zur Zustimmung vorgelegt wird, sollen noch in diesem Jahr vorbereitet und soweit möglich auch in diesem Zeitraum umgesetzt werden.

    Zur Frage 5. Welche Objekte in Thüringen in die geplante Stiftung überführt werden sollen und nach welchen Kriterien deren Auswahl erfolgen soll - Liegenschaften

    Zur Frage 6. Wer für die Auswahl der in die geplante Stiftung zu überführenden Objekte verantwortlich ist

    Zur Frage 7. Wer künftig Eigentümer der übertragenen Objekte sein wird

     

    Seitens der Behörde der Kulturstaatsministerin des Bundes, Frau Prof. Grütters, wurde gegenüber Thüringen die Erwartung geäußert, dass nur diejenigen Liegenschaften in die mitteldeutsche Stiftung eingebracht werden sollen, die als national bedeutsam zu bewerten sind. Als ein Maßstab dafür gilt das sogenannte „Blaubuch“ aus den 1990er Jahren. Wir haben unter dieser Maßgabe folgende Liegenschaften identifiziert, die in die KMSG per Erbbaurecht übergehen sollen, um dort mit den zur Verfügung stehenden 200 Mio. EUR renoviert werden zu können:

    • aus der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten:
      • Schloss- und Park Friedenstein Gotha
      • der Schlosskomplex Sondershausen einschl. Fürstengruft
      • die Veste Heldburg
      • der Schlosskomplex Heidecksburg
      • das Schloss Schwarzburg sowie
      • die Klosterruine Paulinzella.

    Neben den sechs Liegenschaften der STSG soll Schloss Reinhardsbrunn in die KMSG zum Eigentum eingebracht werden, sobald das Land Eigentümer geworden ist. Weiterhin sollen die kommunalen Träger folgender Liegenschaften die Möglichkeit erhalten, diese zum Eigentum oder zur unentgeltlichen Nutzung in die KMSG einzubringen:

    • das Ensemble Schloss Altenburg
    • Ensemble Schloss Meiningen mit Park und Baumbachhaus.

    Bei der Auswahl der einzubringende Objekte hat sich Thüringen für hochrangige Kulturdenkmale entschieden, die prägend für die mitteldeutsche Kulturlandschaft sind, überregionale Bedeutung haben sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen und kulturell genutzt werden bzw. genutzt werden können. Da das Finanzvolumen begrenzt ist, können nicht alle Schlösser, Gärten und sonstigen hochrangige Kulturdenkmale bedacht werden, sondern nur solche, die die entsprechenden Auswahlkriterien erfüllen.

    Bezüglich der von der Schlösser Stiftung Thüringen in die KMSG per Erbbaurechtsvertrag einzubringenden Liegenschaften bleibt die Schlösser Stiftung Thüringens Eigentümerin. Das Erbbaurecht verschafft der KMSG ein Sondervermögen und Sondereigentum und ermöglicht es ihr so, die Liegenschaften mit den Mitteln des Sonderinvestitionsprogramms zu sanieren.

    Das Schloss Reinhardsbrunn soll vom Land in die KMSG eingebracht werden, dabei ist die Übertragung des Eigentums oder der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages möglich.

    Ob und wie die kommunalen Träger ihre Liegenschaften einbringen, wird derzeit von den Kommunen und dem Land noch geprüft.

    Zur Frage 2. Ob Alternativen zum favorisierten Stiftungsmodell geprüft wurden und falls ja, warum diese verworfen wurden - Verschmelzung der STSG mit der KST oder weiterhin souveräne STSG

    Zur Frage 10.Welche Perspektive die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten nach erfolgter Gründung einer Mitteldeutschen Kulturstiftung hat

     Mit Bekanntwerden des Bundestagsbeschlusses vom November 2018 wurden verschieden Modelle geprüft und dem Bund vorgeschlagen, darunter die Zurverfügungstellung der Investitionsmittel des Bundes für landespezifische Investitionen oder die Bildung einer schlanken Förderstiftung, die als gemeinsames Dach der beiden Länderstiftungen zur Umsetzung des Sonderinvestitionsprogramms I und gegebenenfalls nachfolgender Sonderinvestitionsprogramme dient. Beide Optionen wurden vom Bundesgesetzgeber abgelehnt. Vielmehr möchte dieser die Invest-Mittel und Betriebskosten nur an eine auf Dauer angelegte öffentlich-rechtliche Stiftung beider Länder und des Bundes nach dem Vorbild der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gewähren.

    Sowohl der Kommunale Beirat der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten als auch dessen Sachverständiger Beirat an den Stiftungsrat die Frage herangetragen, ob nicht die Thüringer Schlösser Stiftung in Gänze in die mitteldeutsche Stiftung eingebracht werden solle.

    Diese Überlegung ist legitim, denn auch das Land Sachsen-Anhalt bringt seine Schlösser-Stiftung namens „Kulturstiftung Sachsen-Anhalt“ als gesamte Stiftung in die neue mitteldeutsche Stiftung ein.

    Wir argumentieren, dass die Thüringer Schlösser Stiftung und die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt trotz gemeinsamer Aufgaben erhebliche Unterschiede aufweisen. Sowohl hinsichtlich der Organisationsstruktur als auch der Kompetenzen. Die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt ist Dach mehrerer rechtlich selbständiger und auch unselbständiger Stiftungen. So ist das Schloss Moritzburg Halle mit seinem Museum Teil der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. Dies wäre so, als wenn die Stiftung Schloss Friedenstein eine Stiftung unter dem Dach der Schlösser-Stiftung wäre. Der Kulturminister hat für diese Art Organisationsentwicklung Sympathie. Doch müsste dazu das Errichtungsgesetz der Schlösser-Stiftung geändert werden – übrigens auch bei einer Fusion mit der mitteldeutschen Stiftung

    In der Sitzung des Schlösser-Stiftungsrates Thüringen wurden die Pro- und Contra-Argumente einer Verschmelzung der Thüringer Schlösser-Stiftung mit der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt zur mitteldeutschen Stiftung diskutiert. Im Sommer soll diese Abwägung fortgesetzt werden. Für die Verschmelzung sprechen Argumente der Schlösser-Entwicklung aus einer Hand. Gegen die Verschmelzung sprechen die erheblichen Größenunterschiede zwischen den Liegenschaften und die Gefahr, dass die kleineren Einrichtungen wie Wilhelmsthal und andere in der mitteldeutschen Stiftung aus dem Blick verloren werden, während die Thüringer Schlösser Stiftung bei weiterhin bestehender Eigenständigkeit, den Fokus auf die Entwicklung dieser kleineren Einrichtungen aber auch solcher Juwelen wie den Dornburger Schlössern legen kann.

    Bei einer Integration der gesamten STSG in die KMSG, sei es durch deren Auflösung oder durch die Überführung in eine rechtlich unselbständige Stiftung, muss in der neuen Stiftung sichergestellt sein, dass die bisherigen gesetzlich formulierten Aufgaben der STSG auch weiterhin erfüllt werden.

    Bei der Einbringung der vorgesehenen Liegenschaften von der STSG in die KMSG bleibt die STSG rechtlich und inhaltlich unverändert.

    Das heißt, dass die Schlösserstiftung weiterhin im Sinne des Errichtungsgesetzes ihre Aufgaben wahrnehmen soll, kann und wird. Ich möchte auch ausdrücklich betonen, dass  es sich bei  den in der STSG verbleibenden Schlösser und Gärten ebenfalls um herausragende Liegenschaften handelt, die das historische Erbe des Freistaates repräsentieren. Dazu zählen insbesondere die Dornburger Schlösser, die Runneburg, Schloss und Park Altenstein, die Bertholdsburg und Burg Ranis, das Sommerpalais und der Fürstliche Greizer Park sowie die Klosterkirche St. Peter und Paul auf dem Petersberg Erfurt.

    Die STSG soll weiter entwickelt werden als Kompetenzträgerin des Freistaats in Sachen Schlösser, Burgen, Gärten, Bewahrerin und Entwicklerin des kulturellen Erbes sein, Kompetenzzentrum für Erforschung und Vermittlung des kulturellen Erbes, zentrale Netzwerkpartnerin für touristische Leistungsträger und Organisationen sowie als Anlaufstelle für private und kommunale Schloss- und Burgbesitzer.

    Ausgangspunkt ist, dass ein Konzept entwickelt wird, um Thüringer Schlösser, Burgen sowie weitere kulturell bedeutsame Liegenschaften zu erhalten und Ihnen eine denkmalgerechte Nutzung zuzuführen. Dafür sollen alte Bausubstanzen nicht nur im denkmalpflegerischen Sinne erhalten, sondern auch im Rahmen von Bildungs- und Kulturangeboten zugänglich gemacht werden. Dieses Konzept soll auch für solche Liegenschaften gelten, die bisher nicht im Eigentum des Landes stehen. Die STSG soll als Dienstleister und zentraler Ansprechpartner für Thüringer Schlösser und Burgen fungieren. Dazu kann sie insbesondere auch Eigentümer bei der Entwicklung von Nutzungskonzepten zur nachhaltigen Sicherung von Schloss- und Burgenanlagen beraten und bei der Vermarktung ihrer Burgen und Schlösser unterstützen, um geeignete Investoren und Besitzer zu finden. Dafür ist eine Erweiterung des bisherigen Stiftungszwecks und eine Ergänzung zum Liegenschaftsbestand vorzunehmen, was im Rahmen einer Novelle des Gesetzes über die STSG erfolgen muss.

    Weiterhin ist vorgesehen, dass Betrieb, Restaurierung, baulicher Erhalt, Vermittlung und touristische Vermarktung besser als bislang zusammenwirken können.

    Aber ich betone noch einmal, dass die Abwägung diesbezüglich noch nicht abgeschlossen ist. Deshalb ist auch die Befürchtung, die Landesregierung würde ohne Abwägung und Diskussion Fakten schaffen, grundlos.

    Betriebsmittel des Bundes für Schlösser-Museen

    Zu Frage 4. Welche verbindlichen Zusagen des Bundes liegen bezüglich des Finanzierungsrahmens vor und an welche Bedingungen sind diese gegebenenfalls geknüpft

    Zur Frage 8. Wie sollen die Interessen und Rechte der lokalen und regionalen Träger von Museen im Bereich der überführten Objekte, insbesondere im Hinblick auf deren Eigentumsrechte am Inventar, gewahrt bleiben

    Zur Frage 9. Wie mit lokalen und regionalen Trägern von Museen in übertragenen Objekten verfahren werden soll, die sich gegen eine Überführung in eine Mitteldeutsche Kulturstiftung aussprechen

    Die aufmerksamen Zuhörerinnen und Zuhörer werden festgestellt haben, dass ich in den bisherigen Ausführungen allein von den Liegenschaften und deren Sanierung gesprochen habe. Denn nur für diese Aufgabe stehen die Bundesmittel des Sonderinvestitionsprogramms I für Thüringen zur Verfügung.

    Gleichzeitig beabsichtigen die Repräsentanten des Bundesgesetzgebers, mit denen wir über die Thüringer Schlösser sprechen aber im Bundeshaushalt eine dauerhafte Betriebskostenfinanzierung des Bundes für Kultur- und Museumsbetriebe in den der mitteldeutschen Stiftung übertragenen Liegenschaften zu verankern.

    Sollte der Bundesgesetzgeber tatsächlich zwischen 20 und 30 Mio. EUR Betriebskostenförderung dauerhaft für Museums- und Kulturbetriebe in den Liegenschaften bereitstellen, wäre dies ein bislang einmaliges Signal der Wertschätzung unseres kulturellen Erbes, das wir als Anerkennung für  „Deutschlands Kulturwiege“ verstehen. Da uns jedoch dazu bislang kein Gesetzentwurf des Bundes vorliegt, stehen alle entsprechenden Überlegungen unter Vorbehalt.

    Sollte der Bund entsprechende dauerhafte Betriebskosten vorsehen, dann wäre es auch Aufgabe der mitteldeutschen Stiftung, die in die Stiftung eingebrachten beweglichen Kunst- und Kulturgüter aus Thüringen in ihrem Bestand zu erhalten, zu erschließen und zu erforschen, zu präsentieren und einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Dabei verbleiben die Kunst- und Kulturgüter grundsätzlich in den kommunalen Gebietskörperschaften, die sie eingebracht haben, soweit sie nicht für Ausstellungs- oder Restaurierungszwecke ausgeliehen werden. Ich sage also ganz klar: Weder erfolgt ein Verkauf oder gar ein Ausverkauf von Thüringer Kulturgütern.

    Nur unter der Voraussetzung der anteiligen Übernahme von Betriebskosten durch den Bund unterbreitet das Land denjenigen Kommunen, die ihre Museen in den Liegenschaften betreiben, die an die mitteldeutsche Stiftung übergehen werden, das Angebot, die Museumsbetriebe ebenfalls in die KMSG einzubringen.

    Der endgültige Beschluss des Deutschen Bundestags zur Höhe der Beteiligung an diesen Betriebskosten steht noch aus. Während wir also bei der Investitionsförderung bereits über konkrete Grundlagen sprechen können, sind alle Überlegungen zur Betriebskostenfinanzierung durch den Bund und der entsprechenden Wirkungen derzeit gesetzlich nicht untersetzt.

    Sollte der Bund sich zur Betriebskostenübernahme bereit erklären, soll den Trägern folgender Museen die Möglichkeit gegeben werden, ihren Museumsbetrieb samt beweglicher Kulturgüter in die KMSG einzubringen:

     - das Lindenau-Museum Altenburg und das Schlossmuseum Altenburg

    - die Museen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

    - das Deutsche Burgenmuseum Veste Heldburg

    - der Museumsverbund Heidecksburg (mit Museen Heideckcsburg Schwarzburg, Paulinzella u. Fröbelmuseum)

    - das Schlossmuseum Sondershausen.

    - die Meininger Museen.

    Dies ist ein Angebot (!) an die Träger, es steht ihnen völlig frei, davon Gebrauch zu machen.

    Wir sind erfreut darüber, dass nach missverständlichen Äußerungen in der Presse der Bürgermeister von Sondershausen Gespräche über einen möglichen Museumsübergang in Aussicht gestellt und den Kulturminister zu einem Austausch mit dem Stadtrat eingeladen hat.

    Die Staatskanzlei führt also – unter den genannten Vorbehalten – Gespräche mit den betreffenden Kommunen. Aus Sicht der Staatskanzlei sind neben der finanziellen Entlastung für die Kommunen ist auch die qualitative Weiterentwicklung und Stärkung der Einrichtungen in Ausstattung und Personal beabsichtigt. Diese wäre den Kommunen derzeit aus alleiniger finanzieller Kraft nicht möglich.

    Gleichwohl liegt die Entscheidung darüber bei jedem kommunalen Träger. Wir werden keine Vorgaben dazu machen. Ich freue mich aber, dass die Kommunen sehr offen und interessiert sind.

    Eine Beteiligung des Bundes an den Betriebskosten der Museen kann deren Ausstrahlungskraft in der Region und darüber hinaus deutlich erhöhen, was im Interesse der bisherigen Träger liegt. In den Gründungsdokumenten der neuen Stiftung wird abgesichert, dass das Museumsinventar am Ort verbleibt, natürlich sind Ausstellungen in anderen Museen – wie bisher auch - möglich. Ausgehend von den historisch gewachsenen dezentralen Strukturen im Land ist es Ziel der Thüringer Landesregierung in der Stiftung die lokale und regionale Mitwirkung zu garantieren. Über welche Strukturen dies am besten erfolgen kann, ist Thema der gegenwärtigen Gespräche mit den Kommunen, den Museen und dem Land Sachsen-Anhalt,

    Die Einbringung von Museen in die geplante Stiftung ist allein die Entscheidung der jeweiligen Träger. Falls sich ein Träger dagegen aussprechen sollte, wird keine Übertragung in die KMSG erfolgen.

    Und an die Adresse der Gewerkschaften, Personalräte und jedes einzelnen Beschäftigten in diesen Kulturbetrieben sage ich mit Blick auf den erforderlichen Betriebsübergang: Wir werden alle Schritte daraufhin prüfen, dass niemand schlechter, sondern alle besitzstandswahrend in die neue Einrichtung aufgehen werden.

    Auf die Bitte der CDU-Fraktion unter

    II. bei den aktuellen Verhandlungen zur Stiftungsgründung darauf hinzuwirken, dass

    1.  der Bund die vorgesehenen Mittel direkt der bestehenden Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten zur Verfügung stellt;

    2.  ein Ausverkauf von Thüringer Kulturgütern an eine Stiftung mit Sitz außerhalb Thüringens verhindert wird;

    3.  das Eigentum am Inventar sowie die Mitsprache der lokalen und regionalen Träger der Museen bei der Entwicklung und inhaltlichen Ausgestaltung der Ausstellungen gewahrt bleiben;

    4.  eine Beteiligung des Landtags an den Entscheidungen und Planungen zum künftigen Umgang mit den Thüringer Schlössern und Gärten garantiert wird.

    möchte ich folgendes ausführen:

    In den vergangenen Monaten haben beide Länder versucht, den Bund von anderen Modellen für die Förderung der Schlösser und Gärten in Mitteldeutschland zu überzeugen. Da der Bund aber weiterhin die Gründung einer gemeinsamen Stiftung erwartet und wir die Chance für die Entwicklung unserer Schlösser und Gärten nicht einfach ausschlagen können, arbeiten wir gemeinsam mit Sachsen-Anhalt an der Gründung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung. Diese Stiftung wird einen Doppelsitz mit einem Sitz in einem noch zu bestimmenden Ort im Freistaat Thüringen sowie einem Sitz in Sachsen-Anhalt (Halle) haben. Für die Stiftung muss zur Klarheit der Rechtsanwendung ein rechtlicher Sitz bestehen; dies soll Halle sein. Dies ist für uns unproblematisch, da die rechtlichen Regelungen in Thüringen und Sachsen-Anhalt kaum voneinander abweichen. Diese Festlegung über die Anwendung des rechtlichen Rahmens beeinflusst insbesondere die Vereinbarungen im Staatsvertrag über die neue Stiftung in keiner Weise. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass es sich bei der KMSG um eine Stiftung außerhalb Thüringens handeln wird. Zudem werden die Einrichtungen weiterhin wie bisher vor Ort betrieben werden, auch die Liegenschaften wird niemand aus den Orten verbringen können. Und es liegt doch im Interesse der neuen Stiftung und der Länder, dass diese Einrichtungen erfolgreich und mit ausstrahlender Wirkung betreiben werden. Es ist somit unredlich, in der Öffentlichkeit von einem Ausverkauf Thüringer Kulturgüter zu sprechen. Nichtsdestotrotz werden wir selbstverständlich in den Verhandlungen dafür Sorge tragen, dass keine dauerhafte Verbringung von Museumsinventar erfolgt und dass in der Stiftung die lokale und regionale Mitwirkung ermöglicht wird. Dieses wird auch rechtlich abgesichert.

    Auch wird – wie bisher auch – der Landtag im Rahmen der legislativen Vorgaben dann beteiligt sein, wenn für Planungen und Entscheidungen Gesetzänderungen oder der Abschluss eines Staatsvertrages notwendig sind.

    In diesem Sinne hoffe ich, dass diese Sonderplenarsitzung dazu beiträgt, die Fragen zu beantworten. Den Blick auf die Chancen zu richten, die sich aus diesem Vorhaben ergeben und diese Chancen beherzt aber mit immer auch mit rationaler Bewertung zu ergreifen.

    Es gilt in diesem Sinne das Grüne Wahlkampfmotto: Zukunft wird aus Mut gemacht – beherzigen Sie das, meine Damen und Herren der CDU.

Handlungsempfehlungen zur Museumsentwicklung

Mit der Museumsperspektive 2025 haben der Museumsverband Thüringen e. V. und die Landesregierung eine gemeinsame Bestandsaufnahme und Entwicklungsstrategie für die Thüringer Museumslandschaft vorgelegt. Aus der öffentlichen Diskussion zur Museumsperspektive 2025 haben sich die folgenden
Handlungsempfehlungen ergeben, die in den kommenden Jahren schrittweise durch die Träger (Land, Kommunen und Private) im Rahmen der Kommunal- und Landeshaushalte sowie durch die Museen umgesetzt werden sollten.

"Perspektive 2025" - Sicherung und Fortentwicklung der Thüringer Theaterlandschaft

Das Kabinett hat sich in seiner Sitzung am 1. März 2016 unter anderem mit der Theater- und Orchesterfinanzierung ab 2017 befasst. In der anschließenden Regierungsmedienkonferenz berichtete Staatssekretärin für Kultur und Europa, Dr. Babette Winter, über den Stand der Verhandlungen mit Trägern und Zuwendungsgebern. Vorgesehen ist, dass die Orchester in Gotha und Eisenach verschmelzen und zukünftig an beiden Standorten das Angebot an Konzerten, Ballettaufführungen usw. absichern.

Auf den Weg gebracht wird ein Produktionsaustausch zwischen den Standorten Rudolstadt und Eisenach im Bereich Schauspiel. Das Deutsche Nationaltheater Weimar und das Theater Erfurt sollen die bewährte Zusammenarbeit mit dem Austausch von Produktionen bzw. gemeinsamen Produktionen vertiefen und ausbauen. Die Jenaer Philharmonie und das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera werden gemeinsame Projekte umsetzen. Das Thüringer Staatsballett soll zukünftig regelmäßige Präsenzen in Erfurt haben.

Dazu Minister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff: „Unser zentrales Anliegen war und ist es, belastbare und verlässliche Strukturen auf den Weg zu bringen, damit die Theater- und Orchesterlandschaft in Thüringen sich weiterhin positiv entwickeln kann; dies bei gerechter Vergütung guter Arbeit. Das Land wird dazu seinen Finanzierungsanteil leist en. Die Kommunen, die Träger von Theatern und Orchestern sind, bekennen sich trotz häufiger Haushaltsnotlage uneingeschränkt zu ihren Kulturbetrieben. Das begrüße ich ausdrücklich. Nun ist es notwendig, mehr Gerechtigkeit in der kommunalen Kulturfinanzierung zu erreichen, damit die Träger von Theatern und Orchestern ihren Verpflichtungen bei der Wiedererlangung von Tarifgerechtigkeit nachkommen können.“

Leitbild "Kulturland Thüringen"

Die besondere Rolle der Kultur im Freistaat ist im Leitbild „Kulturland Thüringen“ als Basis der künftigen Kulturpolitik zusammengefasst. Das Leitbild wurde gemeinsam mit den kulturpolitisch Verantwortlichen, den kulturellen Fachverbänden und kulturellen Einrichtungen sowie weiteren Akteuren erarbeitet und damit ein Konsens über die wesentlichen kulturpolitischen Grundsätze Thüringens erzielt.

  • Thüringen ist weltoffen und verwurzelt in einer eindrucksvollen kulturellen Tradition. Gelegen in der Mitte Europas und im Herzen Deutschlands nimmt unser Land neue Einflüsse auf und bewahrt gleichzeitig seine kulturelle Tradition. Das ist die Triebfeder, mit der wir unsere Kulturlandschaft weiterentwickeln.

    Das „Leitbild Kulturland Thüringen“ versteht sich als Beitrag zur Beschreibung unserer kulturellen Identität. Es ist die Vergewisserung über die Bedeutung unserer Kunst und Kultur. Es definiert unseren Weg und unsere kulturpolitischen Ziele.

    Kunst und Kultur sind Wesensbestandteil des Menschen als Individuum wie als Sozialwesen. Sie ermöglichen die Verwirklichung seiner selbst, sie tragen bei zur Entfaltung seiner geistigen und ideellen Kräfte, sie ertüchtigen ihn zur Wahrnehmung seiner Freiheit und sie prägen das Miteinander zwischen dem Einzelnen und seiner sozialen Umwelt. In einer freien Gesellschaft garantiert der Staat die Freiheit von Kunst und Kultur. Entsprechend formuliert Artikel 27 der Verfassung des Freistaats Thüringen die Freiheit der Kunst als Grundrecht.

    Wir wollen die kulturelle Vielfalt Thüringens erhalten, sichern und weiterentwickeln. Dazu gilt es, Veränderung zu ermöglichen und kulturhistorische Leistung zu bewahren. Diesem Ziel dient auch Artikel 30 der Verfassung des Freistaats Thüringen, wonach Kunst, Kultur und Brauchtum den Schutz und die Förderung durch das Land und seine Gebietskörperschaften genießen.

    Kultur ist Dialog. Diesen Dialog beginnen wir bei uns selbst. Die Festlegung unserer Ziele erfolgt insbesondere im Dialog mit den Kulturschaffenden, den Kultur- und Künstlerverbänden, den kommunalen Gebietskörperschaften sowie den Kirchen und Religionsgemeinschaften.

    Die öffentliche Hand ist der wichtigste Förderer von Kultur. Es gilt, die Rolle der öffentlichen Haushalte für die Kultur unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zu definieren und die daraus resultierenden Möglichkeiten voll auszuschöpfen.

    Kultur ist von hohem gesellschaftlichen Wert und hat eine wichtige soziale Funktion. Kultur bedeutet Identität, Bildung, Geborgensein und Zusammengehörigkeit. Deshalb ist es unser erklärtes Ziel, das gewachsene kulturelle Erbe sowie die aus den Auseinandersetzungen der Gegenwart geborenen Kunst- und Kulturbestrebungen in all ihren Aspekten zur Entwicklung unseres Landes und zum Wohl seiner Menschen zu nutzen.

  • Kultur ist in Thüringen so gegenwärtig, so intensiv wahrnehmbar wie kaum in einem anderen Flächenland der Bundesrepublik Deutschland. Sie leistet für uns einen entscheidenden Beitrag für eine hohe Lebensqualität im Freistaat und ist wesentliche Grundlage für gesellschaftliche, wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen, die unser Land stark und lebensfähig machen.

    Kultur in Thüringen ist bestimmt von der einzigartigen Dichte eines Netzes kultureller Orte und Aktivitäten. Sie definiert sich aus regionaler Vielfalt und kulturellem Erbe von nationaler Bedeutung, aus gewachsener Tradition und lebendiger Gegenwart.

    In der Mitte Deutschlands ist Thüringen ein Zentrum der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte, untrennbar verbunden mit dem Wirken großer Namen der Literatur und bildenden Kunst, der Theater- und Musikgeschichte sowie der Kirchen- und Baugeschichte, die alle ihre deutlichen Spuren weit über Thüringen hinaus hinterlassen, die unserem Land seine unverwechselbare Identität gegeben und diese Identität in der europäischen Tradition verankert haben. Dafür stehen beispielhaft die Wartburg in Eisenach und insbesondere Weimar als eine Kulturstadt Europas mit internationalem Renommee und weltweiter Ausstrahlung.

    Dichte und Vielfalt kultureller Orte und ihre Weltgeltung aus langer Tradition bestimmen das Kulturland Thüringen als Ganzes ebenso wie seine Vielzahl kultureller Kerne mit ihren ausgeprägten lokalen und regionalen Identitäten. Unter den historischen Burgen und Sakralbauten, Schlössern und Parkanlagen unserer Heimat findet sich eine stattliche Anzahl an Residenzen und Stätten des kulturellen Welterbes. Neben zahlreichen Museen, Archiven, Bibliotheken, Theatern und Orchestern vermitteln kleinere Einrichtungen wie die soziokulturellen Zentren Kunst und Kultur auf einem hohen Niveau.

  • Der Freistaat Thüringen ist seinem kulturellen Erbe verpflichtet und fördert dieses nach besten Möglichkeiten. Er schafft die politischen Rahmenbedingungen, um das kulturelle Erbe zu bewahren, für die Gegenwart neu zu vermitteln und zeitgenössisches Schaffen und Wirken zu ermöglichen. Der Verfassungsauftrag der Förderung der Kultur in Thüringen richtet sich an Land und kommunale Gebietskörperschaften. Kultur lebt vor allem von der Mitwirkung und dem Engagement der Künstlerinnen und Künstler, der Kulturschaffenden, der Vermittler, der Bürgerinnen und Bürger und vom interkulturellen Dialog.

    Kultur wandelt sich und muss lebendig fortentwickelt werden. Der daraus zwingend folgende Gestaltungsauftrag an alle Akteure muss sich fortlaufend veränderten Bedingungen in der Gesellschaft stellen, die auf die Kultur einwirken. Dies gilt besonders auch angesichts des demographischen Wandels - Kultur gestalten heißt nicht nur ein Zeichen zu setzen gegen Abwanderung und Bevölkerungsrückgang, sondern auch die Schaffung neuer lokaler und regionaler Identitäten zu ermöglichen.

    Kultur kann nicht staatlich verordnet werden, aber staatliche Maßnahmen fördern kulturelles Bewusstsein und ermöglichen kreatives Schaffen. Bibliotheken, Museen, Theater, Orchester, Musik- und Kunstschulen sind fester Bestandteil einer kulturellen Infrastruktur, die vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten zur freien Entfaltung kultureller Aktivitäten eröffnet. Es ist der Beitrag der Menschen selbst, der Kultur letztlich entstehen und leben lässt. Ohne privates und gesellschaftliches Engagement über die Politik hinaus ist Kultur nicht lebensfähig.

  • Kultur ist ein Angebot für alle. Gleiche Chancen für unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen beim Zugang zu Kunst und Kultur in Thüringen zu schaffen, ist ein zentraler kulturpolitischer Anspruch und wichtiger Teil des kulturellen Selbstverständnisses.

    Kulturelle Bildung leistet einen entscheidenden Beitrag zur Teilhabe am kulturellen Leben, sie ist unverzichtbar für die individuelle Bildung und Entwicklung starker Persönlichkeiten. Die Grundlagen für eine ästhetische Bildung werden im Kindes- und Jugendalter gelegt. Selbstbewusstsein, Kreativität, Verantwortungsbereitschaft, Toleranz und Kritikfähigkeit sind Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Kinder und Jugendliche insbesondere im Umgang mit künstlerischen Ausdrucksformen erwerben. Kulturelle Bildung ist eine feste und unerlässliche Investition in die Zukunft unseres Landes.

    Die Kulturinstitutionen und –initiativen und die freien Träger sind dabei über ihre originäre kulturelle Bedeutung hinaus auch wichtige Bildungsträger. Sie erwerben und bewahren, entwickeln und vermitteln das natürliche, kulturelle und wissenschaftliche Erbe und bereiten damit die Basis für ein demokratisches Miteinander, das auf der Kenntnis der eigenen Geschichte und der anderer Kulturen beruht. Unsere Kultureinrichtungen sind bedeutende Lernfelder und Lernorte, welche insbesondere für den Schul- und Bildungsbereich unabdingbar sind. Lebenslanges Lernen gehört zu den wichtigsten gesellschaftlichen Erfordernissen des 21. Jahrhunderts. Kulturelle Bildung eröffnet dafür vielfältige Möglichkeiten.

  • Die Thüringer Kultur hat in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder Neues und Innovatives hervorgebracht. Ideen und Gedanken großer Geister und kluger Köpfe wirken prägend in der Gegenwart und bilden eine unverwechselbare Symbiose aus schöpferischer Tradition und Innovation. Neues in der Kultur möglich zu machen ist Chance und Auftrag für eine Politik, die kulturelle Tradition erhalten will.

    Der Freistaat Thüringen lebt mit dieser innovativen Tradition, die allenthalben spürbar und erlebbar ist. Die Kultureinrichtungen im Freistaat, gerade seine Welterbestätten, verfügen über wertvolle und herausragende Quellen, Sammlungen und Denkmale, die Plattformen für neue Projekte schaffen und fördernde Partner besonders der innovationsorientierten, nicht institutionalisierten Kulturbereiche sein sollen. In ihrer Gesamtheit bilden diese Kulturgüter einen außergewöhnlichen Wissens- und Kulturfundus von nationaler Bedeutung und internationaler Ausstrahlung, welcher das schöpferische Wechselverhältnis zwischen Tradition und Innovation eindrucksvoll bezeugt.

    Innovation als zeitgenössischer Beitrag zur kulturellen Tradition wird getragen von den in Thüringen lebenden Künstlerinnen und Künstlern. Ihre kreativen Werke und Leistungen sind die Basis gegenwartsbezogener Reflexionen und Diskurse innerhalb der Gesellschaft.

    Neue Impulse für eine lebendige Kulturlandschaft erwachsen für Thüringen auch aus dem verantwortungsvollen Umgang mit dem kulturellen Erbe und aus einer bewussten und umfassenden Auseinandersetzung mit der Geschichte bis in die jüngere Zeit und ihre Schrecken und Umbrüche hinein. Orte und Zeugen dieser Auseinandersetzung, Erinnerung und Aufarbeitung gehören zum Kulturland Thüringen.

  • Kultur ist ein unerlässlicher Baustein im Netz unseres sozialen, wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Lebens. Sie ist als Teil eines gesamtgesellschaftlichen Netzwerkes Standortfaktor und Impulsgeber für alle Bereiche des öffentlichen Lebens und leistet einen wertvollen Beitrag zur Stärkung regionaler wirtschaftlicher Entwicklungen.

    Öffentlich-private Partnerschaften, bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement, zahlreiche Verbünde und Freundeskreise, Künstlerinnen und Künstler sowie kulturelle Fachverbände sind wichtige Bestandteile dieses Netzwerks, welche einen substanziellen Beitrag zu einer breiten Resonanz der Kulturangebote auf hohem Niveau leisten. Aus einer solchen Zusammenarbeit erwachsen gleichzeitig Potenziale und Synergien, die auch über Thüringen hinaus gezielt ausgebaut und weiterentwickelt werden können.

    Die Zusammenarbeit von institutionalisierter Kultur und freier Kulturszene mit den schulischen und universitären Bildungsbereichen ist eine weitere entscheidende Grundlage für kulturelle Netzwerke.

    Kultur darf sich nicht aus wirtschaftlicher Leistung und touristischer Attraktion begründen, sie besteht aus eigenem Recht und ist gerade so wirksam als wertvoller Beitrag und Triebkraft zur Stärkung regionaler wirtschaftlicher Entwicklungen.

  • Die Grundsicherung der kulturellen Infrastruktur ist unverzichtbar für eine nachhaltige Entwicklung der einzigartigen Kulturlandschaft. Sie wird in Thüringen als solidarische und gemeinsame Verantwortung von Land und kommunalen Gebietskörperschaften wahrgenommen. Ergänzend dazu leistet der Bund einen finanziellen Beitrag für die national bedeutsamen Kultureinrichtungen. Darüber hinaus bestimmen Qualität, Profil und Ausstrahlung einzelner Institutionen und Projekte ihre jeweilige Bedeutung in Thüringen, für Thüringen und über Thüringen hinaus. Privates Engagement leistet in Wechselwirkung mit der staatlichen Förderung einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des kulturellen Lebens in Thüringen. Diese Bedingungen bilden die Grundlage für die Verteilung von Lasten und Verantwortung.

    Das Land bekennt sich zu dieser gemeinsamen Verantwortung für die Kulturfinanzierung, darunter im Besonderen für überregional, landesweit und über das Land hinaus wirkende Einrichtungen, Verbände, Initiativen und Kulturschaffende. Es sichert die kulturelle Grundversorgung und kulturelle Teilhabe. Darüber hinaus unterstützt der Freistaat die kommunalen Gebietskörperschaften bei der Aufgabe, regional und lokal wichtige Kultureinrichtungen und Initiativen in ihrem Bestand zu sichern. Durch eine subsidiäre Förderung und durch eine entsprechende Bereitstellung und Lenkung von Fördermitteln schafft das Land die Voraussetzungen, Kunst und Kultur in ihrer Vielfalt regional ausgewogen zu ermöglichen.

    Darüber hinaus ist eine gezielte Projektförderung für eine Kultur in Bewegung unerlässlich als flexibler und damit vorrangig zeitlich begrenzter Impuls. Für personalintensive Kultureinrichtungen und kulturelle Knotenpunkte, beispielsweise für Projektmanager, hat sich der Weg der längerfristigen Finanzierungssicherheit bewährt. Es ist zu prüfen, diesen künftig auch auf solche ausgewählten Projektförderungen auszudehnen, die wegen ihrer fachlichen und touristischen Potenziale längerfristige Laufzeiten benötigen.

  • Der Wert der Kultur und die Chancen, die sich für unsere Gesellschaft daraus ergeben, müssen im Bewusstsein unseres Landes stärker verankert werden. Angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen und des demographischen Wandels muss Kultur nicht als Problem, sondern als Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen thematisiert werden. Das Ziel einer verantwortungsbewussten Kulturpolitik in den nächsten Jahren ist es, die Thüringer Kulturlandschaft weiter zu entwickeln, neues innovatives Kulturschaffen zu ermöglichen und eine nachhaltige Attraktivität dieser einzigartigen Landschaft zu sichern. 

    Qualität, Profil und Ausstrahlung unserer kulturellen Angebote sind dabei maßgebliche Kriterien. Die in der kulturellen Identität dieser Landschaft begründete Balance zwischen Traditionen und Innovationen, kulturellem Erbe und Potenzialen der Zukunft, Bewahren und Erneuern muss dabei gewahrt bleiben. 

    1. Die Förderung von Kunst und Kultur muss verlässlich und nachhaltig sein. 
       
      • Gemeinsam mit den kommunalen Gebietskörperschaften wird eine breitere Kulturfinanzierung angestrebt, die auch einen angemessenen Ausgleich für unterschiedliche finanzielle Aufwendungen berücksichtigt. Gleichzeitig muss auf nachhaltig lebensfähige Strukturen hingearbeitet werden. 
         
      • Förderung soll Qualität stärken. Eine Verständigung über adäquate Maßstäbe soll dabei im Rahmen der Weiterentwicklung des Kulturkonzepts erfolgen. Dabei muss eine nachhaltige Qualitätsentwicklung angestrebt werden. Die Schärfung inhaltlicher und programmatischer Profile, eine qualifizierte zielgruppenspezifische Vermittlungsarbeit sowie die kulturelle Bildung stehen dabei im Vordergrund.
         
    2. Kultur braucht Räume und Strukturen
       
      • Die für die Entwicklung von Kunst und Kultur unverzichtbare Sicherung von Freiräumen der Produktion und Präsentation, des experimentellen Schaffens und Neugestaltens sowie ein kunst- und künstlerfreundliches Umfeld mit motivierenden Rahmenbedingungen sollen angemessen entwickelt werden. Für innovative und experimentelle Projekte sollten im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten Anreize durch Anschubfinanzierungen und jahresübergreifende Förderungsmöglichkeiten geschaffen werden. 
         
      • Kooperationen und Vernetzungsmodelle müssen gestärkt werden, um die jeweiligen Potenziale auch übergreifend zu bündeln und gemeinsame Verantwortung zu etablieren. Wir benötigen die offensive Fortführung des Dialogs aller gesellschaftlichen Akteure aus Forschung, Bildung, Tourismus, Wirtschaft und Kultur. 
    1. Kultur hat Wirkung. Sie soll neugierig machen und einladen, in Thüringen Neues zu entdecken und zu erleben. 
       
      • Reichtum und Vielfalt unserer Kultur müssen als ein wesentliches Merkmal des Landes auch außerhalb Thüringens und Deutschlands vermittelt werden. Kulturelle Potenziale für die Entwicklung des Tourismus sind stärker zu nutzen, zu vernetzen und durch ein gemeinsames Marketing überregional auszurichten. Kultur ist Standortfaktor und wirtschaftlicher Impulsgeber. 
         
      • Veranstaltungen, Festivals, Ausstellungen sowie kulturelle Themenjahre sollen die Wahrnehmbarkeit und Attraktivität des Freistaats erhöhen. 
         
      • Die Zukunft der Kulturlandschaft ist interkulturell. Eine zunehmende ethnische und kulturelle Heterogenität der Bevölkerung in Deutschland und Europa erfordert eine stärkere interkulturelle Orientierung der kulturellen Einrichtungen und Infrastrukturen. Sie muss am Ende auch zu einer Veränderung und Öffnung der Angebotsstrukturen führen. Die Thüringer Kulturlandschaft bietet genügend Potenzial um internationale Aufmerksamkeit zu erzeugen. Diese muss stärker zu einem produktiven Dialog und zum Austausch mit europäischen und internationalen Kulturen genutzt werden. 
         
      • Kulturelle Bildung ist ein wichtiger Teil der Kulturpolitik. Neugier auf Kultur und Nachfrage nach kulturellen Angeboten beginnen mit kultureller Bildung und Entwicklung. Eine Intensivierung der ästhetischen Erziehung und kulturellen Bildung im schulischen und außerschulischen Kontext ist ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung einer kreativen, weltoffenen und humanen Gesellschaft. Sie ist darüber hinaus unerlässlich, um die Zukunft der Kultureinrichtungen nachhaltig zu sichern.
         
    2. Kultur bietet eine gute Zukunft 
       
      • Das Kulturland Thüringen bietet im Zusammenwirken von Kultur, Wirtschaft, Tourismus, Bildung und Wissenschaft attraktive Zukunftsperspektiven für alle Bürgerinnen und Bürger. Diese Zukunft gemeinsam zu gestalten ist ein entscheidendes Handlungsfeld für die Politik im Land und in den Kommunen. Hierbei setzen wir auch auf eine aktive Zivilgesellschaft, auf das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern.

Kulturlastenausgleich

Kunst und Kultur nehmen in und für Thüringen eine herausragende Stellung ein. Mit seiner reichen Museums-, Archiv- und Bibliothekslandschaft, historischen Schloss- und Parkanlagen, bedeutenden Sakralbauten, beeindruckenden Baudenkmalen, einer stattlichen Anzahl an national beachteten Residenz- und international bedeutsamen Kultur- und Welterbestätten, einem dichten Netz von Theatern und Orchestern und einer modernen, lebendigen und offenen Kulturszene vereint das Kulturland Thüringen kulturelle Angebote von besonderer Qualität und Ausstrahlung, die weit über die Grenzen Thüringens hinaus wirksam sind.

Dieser kulturelle Reichtum ist wesensbestimmend für das Kulturland Thüringen und seine Bürgerinnen und Bürger. Der Erhalt und die Förderung einer lebendigen und fruchtbaren Wechselbeziehung von Traditionspflege und kultureller Innovation ist eine gemeinsame Aufgabe des Landes und der Kommunen. Das Land hat sich im Leitbild „Kulturland Thüringen“ und dem Kulturkonzept zu dieser gemeinsamen Verantwortung für die Kulturfinanzierung bekannt, darunter im Besonderen für überregional, landesweit und über Thüringen hinaus wirkende Einrichtungen.

Eine bessere Kulturfinanzierung ist ein Schwerpunkt unseres Kulturkonzepts. Wir haben die Kulturausgaben gesteigert und die Kulturquote erhöht. An manchen Orten ist das aber noch nicht genug. In Thüringen gibt es Kommunen, die besonders reich sind: besonders reich an historischem Erbe und einer modernen und lebendigen Kulturszene. Die Kommunen sind eine tragende Säule der Thüringer Kulturfinanzierung. Mit ihren Finanzierungsbeiträgen leisten sie einen wesentlichen Beitrag zu der breiten und vielfältigen Kulturlandschaft in Thüringen. Um Kommunen, die sich besonders stark in der Kultur engagieren, gezielt zu unterstützen, wurden im Rahmen des Dialogprozesses zur Erarbeitung des Thüringer Kulturkonzepts verschiedene Modelle zur Kulturfinanzierung diskutiert.

In Umsetzung des § 22d ThürFAG wurde per 29.8.2018 eine neue Verwaltungsvorschrift erlassen, die neben der grundlegenden Änderung von einer Zuwendung aus dem Einzelplan 0208 zu einer Zuweisung nach § 22 d ThürFAG redaktionelle Änderungen zur Klarstellung der Berechnungsgrundlagen aufgreift.

Der Freistaat Thüringen gewährt gemäß § 22 d ThürFAG und nach Maßgabe der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Zuweisungen zum Ausgleich kommunaler Belastungen im kulturellen Bereich Landeszuweisungen zum Ausgleich kommunaler Belastungen im kulturellen Bereich an die Gemeinden und Landkreise, die überdurchschnittliche Aufwendungen für Kultur erbringen.

Die Prüfung der Voraussetzungen sowie die Berechnung und Festsetzung der Zuweisung erfolgen jährlich neu von Amts wegen.

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