Doppelte Freude - Landesjubiläum 2020
Gründung Thüringens 1920 und Wiedererrichtung des Freistaates 1990
Das Landesjubiläum 2020 ist ein Jubiläum für die Bürgerinnen und Bürger. Es nimmt Bezug auf die Gründung des Landes Thüringen am 1. Mai 1920 aus sieben Einzelstaaten und des Freistaats Thüringen am 3. Oktober 1990 aus drei Bezirken und den Kreisen Altenburg, Artern und Schmölln. Beide Gründungen sind Ausdruck und Ergebnis einer demokratischen Ermächtigung, die in ihrem Umfang revolutionär war. Bereits im Mai wird durch den Verein Weimarer Republik e.V. zu einem Bürger*innenfest aus Anlass der Landesgründung von 1920 nach Weimar eingeladen. Über das Jahr hinweg wird die Geschichte des Landes in einer Wanderausstellung, die in Einkaufszentren in ganz Thüringen zu sehen sein wird, gezeigt werden. Zum Abschluss des Jubiläumsjahres und zugleich zum dreißigsten Jahrestag der Gründung des heutigen Freistaats Thüringen lädt der Ministerpräsident zu einem Festakt und einem Bürgerfest nach Altenburg ein. Altenburg war eine der Hauptstädte der sieben Staaten, aus denen 1920 Thüringen gebildet wurde. Die Zugehörigkeit der Region um Altenburg zu Thüringen war sowohl 1920 als auch 1990 umstritten.
30 Jahre Freistaat
Aus der Entwicklung der Friedlichen Revolution heraus erwuchs bereits in den ersten Monaten des Jahres 1990 der Wunsch, in der DDR Länder einzurichten, um auch auf diesem Wege den Zentralismus der DDR zur überwinden. Als Orientierung dienten die alten Länder, die aus dem Drang zur Zentralisierung 1952 und endgültig 1968 aufgehoben worden sind. Im Januar 1990 wurde dies an den Runden Tischen der Bezirke Gera, Suhl und Erfurt diskutiert, ein „Politisch-Beratender Ausschuß zur Gründung des Landes Thüringen“ tagte erstmals am 16. Mai 1990. Die frei gewählte Volkskammer kam diesem Drängen nach und verabschiedete am 22. Juli 1990 das Ländereinführungsgesetz. Der ursprüngliche Gründungstermin, der 14. Oktober 1990, wurde durch die unglaubliche Dynamik auf dem Weg zur Deutschen Einheit überholt. Die Ländergründung fiel nun mit dem Tag der deutschen Einheit, dem 3. Oktober 1990, zusammen.
Am 14. Oktober 1990, dem eigentlich vorgesehenen Gründungstermin, folgten Landtagswahlen. Das Parlament konstituierte sich am 25. Oktober 1990 im Deutschen Nationaltheater, in dem siebzig Jahre zuvor die erste republikanische Verfassung Deutschlands verabschiedet worden war, und am 8. November 1990, nicht einmal ein Jahr nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze, wurde Josef Duchač, zuvor bereits provisorischer Landessprecher, zum ersten Ministerpräsidenten gewählt. In seinem Kabinett versammelte er Politikerinnen und Politiker aus Ost und West, darunter die spätere Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht aus Thüringen und den späteren Richter am Bundesverfassungsgericht Hans-Joachim Jentsch aus Hessen.
Der Landtag erarbeitete in den Folgejahren eine Verfassung für das neue Bundesland, die am 25. Oktober 1993 zunächst durch den Landtag auf der Wartburg angenommen worden ist, bevor am 16. Oktober 1994 in einer Volksabstimmung 70% der Wählerinnen und Wähler in einer Volksabstimmung für die neue Verfassung stimmten. Die wirtschaftliche Entwicklung der neunziger Jahre stellte viele Thüringerinnen und Thüringer vor große Probleme – so wurde der Streik der Kalikumpel von Bischofferode über die Landesgrenzen bekannt. Es war ein langer und schwieriger Weg zur wirtschaftlichen Prosperität der Gegenwart. Ebenfalls in den neunziger Jahren galt es, die Grundlage für eine erfolgreiche Wissenschaftslandschaft. Staatlicherseits war eine Verwaltung aufzubauen, durch die es dem Freistaat möglich war, seine Aufgaben als Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland wahrzunehmen.
Zitat:
Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik vom 22. Juli 1990 i.d.F. vom 31. August 1990
§1
- Mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 werden in der DDR folgende Länder gebildet:
[…]
- Thüringen
durch Zusammenlegung der Bezirksterritorien Erfurt, Gera und Suhl,
* zuzüglich der Kreise Altenburg, Artern und Schmölln.
Landesgründung 1990

Rückblick von Josef Duchač
Von 1990 bis 1992 war Josef Duchač der erste Ministerpräsident Thüringens nach der deutschen Wiedervereinigung.
„... die Menschen davon zu überzeugen, dass Thüringen ein schönes Land ist, dass eine Identität entsteht, dass die Menschen sich in ihrem Land wohlfühlen. “
Im Interview gibt er einen Einblick in die Welt von 1990 und die erste Landtagswahl im Freistaat.
„Also wenn ich an diese Zeit zurückdenke, dann überwiegt für mich die positive Erfahrung. Ich habe mich immer mit Biedenkopf verglichen, in Sachsen, der hatte alle Prozesse, die in der politischen Arbeit und in der Bundesrepublik zu betrachten waren, mit der Muttermilch eingesaugt. Ich hatte keine Ahnung. Alles war neu. Wir sind ja beigetreten, bedingungslos, den Einigungsvertrag kann man ja noch im Detail sehen und für uns war alles neu.
Eigentlich war durch das Ländereinführungsgesetz schon die Vorgabe gegeben, in welche Richtung sich das neu zu gründende oder wieder zu gründende Land Thüringen entwickeln muss. Also ökologische Landwirtschaft und Wirtschaft der Sozialunion und kommunale Selbstverwaltung. Es war notwendig, vorher schon zu überlegen, wo werden die Minister hinkommen können, wo gibt es eventuell eine Chance für eine Landeshauptstadt und Überlegungen, eine Verfassung vorzubereiten. Das waren so die ersten wichtigsten Aufgaben und natürlich für mich auch, dass es gelingt, die Menschen davon zu überzeugen, dass Thüringen ein schönes Land ist, dass eine Identität entsteht, dass die Menschen sich in ihrem Land wohlfühlen. Es gab genügend Bibliotheken, voll mit Büchern, die beschrieben haben, wie man aus der kapitalistischen Wirtschaft in die Planwirtschaft kam. Aber es gab kein Buch, dass das umgedreht dargestellt hat und von daher war für uns alles schwierig. Erfahrung hatte keiner von uns, alle waren Seiteneinsteiger, bis auf den Justizminister, den wir aus Hessen geworben hatten. Sonst waren alle Thüringer und diese Thüringer kamen aus allen Berufen, nur nicht aus der Politik und für mich ist das eine der größten, erfreulichen Erfahrungen, dass die Menschen die wir angesprochen haben, ohne zu fragen wie viel Gehalt sie kriegen werden, bereit waren, in der Regierung mitzuarbeiten und das mit viel Herzblut gemacht haben.
Es musste alles neu gemacht werden. Wir sind mit Haut und Haaren beigetreten, da war alles neu zu machen; die Gesetze, die Verfassung – und da werden wir sicher Fehler gemacht haben. Also da bin ich nicht so arrogant, zu sagen, das ging alles reibungslos. Wir haben sicher eine Menge Reibungspunkte gehabt aber das nach 25 Jahren zu analysieren, das traue ich mir nicht zu.“
Politische Höhepunkte aus der Anfangszeit des Freistaats Thüringen








100 Jahre Thüringen
Am 1. Mai 1920 vereinigten sich sieben Kleinstaaten in der Mitte Deutschlands: Die Freistaaten Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Gotha, Schwarzburg-Sondershausen sowie der Volksstaat Reuß und bildeten fortan das Land Thüringen. Das ehemals ernestinische Sachsen-Coburg suchte den Anschluss an Bayern. Teile des thüringischen Preußens gelangten 1945 zum Land; zu weiteren Gebietsveränderungen kam es 1952 und im Zuge der Neugründung von 1990. Die Grundlage für diesen wichtigen Schritt in der Landesentwicklung legte die Novemberrevolution 1918: Als die Fürstenhäuser abdankten und das Volk zum Souverän wurde, war der Weg frei für die Vereinigung Thüringens. Sie geschah auf demokratischem Wege und auf freiwilliger Basis – als einzige Länderneugliederung in der deutschen Geschichte.
Interaktive Karte
Entdecken Sie die Wurzeln Ihres Heimatortes!
Bis 1920 bestand Thüringen aus einem wahren Flickenteppich. Sieben Kleinstaaten gab es damals auf dem Gebiet des heutigen Freistaates – und sie waren nicht etwa scharf voneinander abgegrenzt, sondern förmlich miteinander verwoben. Exterritoriale Gebiete und Enklaven sorgten dafür, dass in Thüringen eine Vielzahl von Grenzen existierte. Mit dem Zusammenschluss zum Land Thüringen vor 100 Jahren wurde ein wichtiger Schritt zur Herstellung einer politischen Einheit vollführt und das Leben für viele Bürger deutlich vereinfacht.
Die einstige Zersplitterung Thüringens ist heute kaum noch wahrnehmbar. Doch hin und wieder gibt es Diskussionen und Konflikte, die zumindest teilweise auf die alten Grenzen zurückzuführen sind. Deshalb lohnt es sich, auf Entdeckungsreise in die Zeit vor 100 Jahren zu gehen. Mit unserer interaktiven Karte können Sie ermitteln, in welchem Staat sich Ihr Heimatort vor 1920 befand.